Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkel in China

Die deutsche Wirtschaft nutzt ihre Chancen in
China. Deutschland ist inzwischen Chinas größter Handelspartner in
Europa, der erheblich zum aktuellen Aufschwung hierzulande beiträgt.
Denn Produkte »made in Germany« sind im Reich der Mitte beliebt: Die
Chinesen kaufen Prämienautos, Küchen, Schreibgeräte oder Audiosysteme
und präsentieren die Qualitätswaren gern als Statussymbole.
Deutschland ist ja nicht nur das »Land der Tugend«, wie Germany auf
Chinesisch heißt, es ist auch das Land der Technik, Industrie,
Innovation und Qualität. Besonders für Chinesen. Das weiß auch die
Delegation aus Wirtschaft und Politik, die zurzeit China besucht.
Kanzlerin Angela Merkel hat 20 Industrievertreter mitgebracht, und
gemeinsam wollen sie den deutsch-chinesischen Handel intensivieren
und für Investitionen bei uns werben. Auf Angela Merkels fünfter
Reise in die Volksrepublik will die Kanzlerin obendrein das
chinesische Vertrauen in den Euro-Raum stärken. China will zwar nicht
den Euro retten, doch Peking würde gern seine Investitionen in Europa
steigern. Das ist immerhin auch eine gute Nachricht. Somit wären die
deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen in bester Ordnung, gäbe
es nicht die leidigen Probleme mit der Produktpiraterie und den
Menschenrechten. Chinesen stehlen geistiges Eigentum und betreiben
Markenpiraterie in großem Stil. »Dies sind keine Kopien«, lachen
Händler in Shanghai und verkaufen nachgemachte europäische
Markenwaren: »Dies sind gute Imitationen.« Die Kanzlerin musste daher
erneut auf fairen und gleichberechtigten Handelspraktiken bestehen.
Deutsche Unternehmer würden unter Diskriminierungen leiden, und auch
der Urheberschutz müsse respektiert werden. Da China jetzt
wirtschaftlich stark sei, müsse das Reich der Mitte mehr
internationale Verantwortung übernehmen. Diese Mahnung ist
berechtigt: Wenn China global respektiert werden will, sollte es
seine Wild-West-Praktiken aufgeben. Auch auf dem Weltmarkt gelten
Anstand, Fairness und Vertrauen. Schwieriger ist es mit der Kritik an
den Menschenrechtsverletzungen: Ermahnungen von außen haben
chinesische Politiker bisher wenig beeindruckt. Öffentliche Kritik
ist dabei besonders problematisch, da Chinesen ungern ihr Gesicht
verlieren. Das hat nichts mit Einknicken vor autoritären Machthabern
oder Zweckopportunismus zu tun – eher mit der Einsicht, dass andere
Länder andere Sitten haben. Dennoch kann die Reise schon jetzt
positiv bewertet werden: Die Kanzlerin hat das Gewicht der
chinesischen Wirtschaft erkannt, den deutschen und europäischen
Handel gefördert und für Europa als verlässlichen Partner geworben.
Auch die Kontakte der mitfahrenden Wirtschaftsvertreter sollten sich
als nützlich erweisen. Da China unsere volle Aufmerksamkeit verdient,
sind derartige Reisen sinnvoll.

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