Die Versicherungen von Politikern und Konzernen,
über die Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA nichts gewusst zu
haben, klingen mehr als unglaubwürdig. Die Verantwortlichen
verstricken sich immer weiter in ein Netz aus Halb- und Unwahrheiten,
das alles andere tut als das Versprochene: die Bürger über das wahre
Ausmaß der Überwachung aufzuklären. Microsoft liefert das jüngste
Beispiel. Während der Konzern in einer Werbekampagne zig Millionen
Dollar ausgibt, um Bedenken der Kunden über die Missachtung ihrer
Privatsphäre mit niedlichen Babybildern zu zerstreuen, freut sich der
NSA über die umfassende Kooperation des Internet-Riesen.
Verschlüsselte E-Mails, abhörsichere Skype-Gespräche und sichere
Daten-Wolke – tatsächlich alles kein Problem für die
»Prism«-Schnüffler. Weil Microsoft, Google & Co. für ihre Kooperation
mit dem Geheimdienst eine rechtliche Generalabsolution in den USA
erhielten, können sie zu ihrer Verteidigung behaupten, was sie
wollen. Stimmen muss das nicht, wie die dank Edward Snowden an die
Öffentlichkeit gelangten Dokumente befürchten lassen. Nebelkerzen
zündet auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der in
Washington Klartext reden und umfassende Erkenntnisse mit nach Hause
bringen wollte. Leider hatten James Clapper, der Direktor der
Nationalen Geheimdienste der USA, und NSA-Chef Keith Alexander für
den Minister keine Zeit. Warum auch? Die Schlapphüte werden dem
Deutschen gewiss nicht ihre Geschäftsgeheimnisse verraten. Sonst
wären sie ja wohl fehl am Platz. Der Minister bringt von der
Stippvisite ein Wohlfühlfoto aus dem Weißen Haus mit, aber gewiss
nicht viele handfeste Neuigkeiten. Und um zu erfahren, was die
deutschen BND-Spione über Aspekte des NSA-Programms wussten oder
nicht, dafür brauchte Friedrich nicht für 24 Stunden an den Potomac
zu jetten. Der große Irrtum besteht darin zu glauben, die US-Dienste
müssten sich wie »Freunde« verhalten. Diese Vorstellung ist naiv. Es
geht um handfeste Interessen, die weit über den Kampf gegen den
Terror hinausgehen. Dabei genießen Ziele im Ausland, wie zum Beispiel
Unternehmen, Politiker, Diplomaten, Rechtsanwälte, Wissenschaftler,
aber auch Journalisten, nicht den geringsten Schutz. Nach US-Recht
handelt der NSA im Rahmen seines Auftrags. Politischer Aktionismus
und künstliche Empörung helfen wenig. Einzig harte
Datenschutzverhandlungen im Rahmen der Freihandelsgespräche und der
Rechtsweg versprechen wirksame Gegenwehr. Schließlich unterliegen
»Prism«-Premium-Partner wie Microsoft auch europäischem Recht.
Nationale Geheimdienste müssen sich bei ihrer Kooperation mit den USA
an die eigene Verfassung halten. Eine Totalüberwachung der weltweiten
Kommunikationsströme im Stil des NSA verstößt in ganz Europa gegen
Recht und Gesetz.
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