Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Mubarak

Die Beweise waren äußerst dürftig. Deshalb ist
der Schuldspruch gegen Husni Mubarak als politisches Urteil zu
werten. Einerseits wollte das Gericht den früheren ägyptischen
Machthaber nicht am Galgen sehen, andererseits die Volksseele
beruhigen und einen Freispruch verhindern. Wenn ein 84-Jähriger zu
einer lebenslangen Haft verurteilt wird, ist die Dauer der Strafe
naturgemäß begrenzt. Ob Mubarak wirklich für immer hinter Gittern
bleibt, entscheidet sich vermutlich erst nach der Präsidentenwahl.
Sein früherer Gefährte Ahmed Schafik könnte bei einem Wahlerfolg
seinen einstigen Gönner begnadigen oder höchstens in einem seiner
Paläste unter Hausarrest stellen. Um sein Leben fürchten muss
Mubarak, wenn sich in der Stichwahl der Kandidat der islamistischen
Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, durchsetzen sollte. Denn dieser
will den Prozess erneut aufrollen lassen. Eine Aufarbeitung der
Vergangenheit wird so kaum gelingen. Das kann dem Land nur gelingen,
wenn wie nach dem Ende der DDR eine unabhängige Kommission tätig
wird. Dafür ist Ägypten noch nicht reif. Alle Cliquen sind noch
aktiv.

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