Mehr Sozialarbeiter für die Schulen! Mit dieser
Forderung im Poker um die Hartz-IV-Reform will die SPD ihr
sozialpolitisches Profil schärfen. Die Erfolgsaussichten sind gut –
auch aus der CDU gibt es Unterstützung. Doch noch sind die Pläne
nebulös. Was genau sollen die zusätzlichen Schulsozialarbeiter
leisten? Wie ist die Forderung von SPD-Verhandlungsführerin Manuela
Schwesig zu verstehen, bis zum Jahr 2015 solle es an jeder Schule
einen Sozialarbeiter geben, wo es doch Schulen mit 200, aber auch
solche mit mehr als 1000 Schülern gibt? Wie sollen die bereits
bestehenden Programme von Ländern, Kommunen und freien Trägern
zusammengeführt werden? Ein Konzept ist die SPD bislang schuldig
geblieben. Dabei wäre es höchste Zeit, die Schulsozialarbeit in eine
Hand zu legen. In Nordrhein-Westfalen gibt es nach Auskunft des
Schulministeriums derzeit 760 solcher Stellen, die vom Land
finanziert werden – 250 zusätzlich geschaffene an Hauptschulen, etwa
500 weitere, die zumeist durch Umwandlung von Lehrerstellen
entstanden sind. Nicht einmal das Ministerium weiß, wie viele
Sozialarbeiter darüber hinaus von den Kommunen gestellt werden.
Durchblick? Fehlanzeige. Das ist beklagenswert. Denn gibt es ja in
der Tat gute Gründe dafür, Kindern und Jugendlichen in der Schule
nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch Lebenshilfe angedeihen zu
lassen. Wo den Eltern die Kraft, der Wille oder die Mittel dazu
fehlen, ihren Kindern in schwierigen Situationen beizustehen, ist
professionelle Hilfe wertvoll. In Finnland, dem Leuchtturm in der
Pisa-Bildungslandschaft, bilden Sozialarbeiter und Psychologen ganz
selbstverständlich Teams mit den Pädagogen. Nicht für die Schule,
sondern für das Leben lernen wir: Davon ist Deutschland noch weit
entfernt. Bislang gibt es noch nicht einmal eine eigenständige
Ausbildung. Einzig die Evangelische Hochschule Dresden will in diesem
Jahr einen Masterstudiengang anbieten, der auf soziale Arbeit an
Schulen vorbereitet. Der Vorstoß der SPD offenbart zudem abermals den
Irrweg der Politik, Bildung zur ausschließlichen Ländersache zu
erklären. Streng genommen dürfte der Bund gar keine Fördermittel für
die Schulsozialarbeit gewähren – auch wenn sich kaum ein Bundesland
gegen millionenschwere Geschenke aus Berlin wehren würde. Das gilt
auch für die Bildungsgutscheine, mit denen Arbeitsministerin Ursula
von der Leyen (CDU) Kinder aus einkommensschwachen Familien fördern
will. Dabei ist Bildungspolitik in Wirklichkeit ja immer auch
Sozialpolitik. Bildung sichert Einkommen und gesellschaftliche
Teilhabe, Bildung stärkt die Persönlichkeit. SPD und die Union wären
gut beraten, dem Bund endlich wieder die notwendigen Kompetenzen in
der Bildungspolitik zu verschaffen. Dazu ist der
Vermittlungsausschuss zur Hartz-Reform allerdings der falsche Ort.
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