Er ist männlich, ledig und jung und will nur
spielen. Zwar gibt es ihn noch, den Spieler, der alle gängigen
Klischees erfüllt, soziale Bindungen scheut, seinen meist schlaffen
Leib selten und nur widerwillig von der Couch wälzt, lieber Pizza
mampft und mit fettigen Fingern die Computermaus fest im Griff hat –
aber er ist nicht (mehr) repräsentativ für die Gruppe der
Video-Spieler. Jeder dritte Deutsche spielt mit Handy, Konsole oder
PC; jeder zweite davon sogar täglich. Gedaddelt wird in jedem Alter
und in allen sozialen Schichten. Selbst wer allein vor Rechner oder
Konsole hockt, will sich mit Anderen messen – eine neue
Videospiel-Generation macht–s möglich. Menschen verabreden sich im
Internet, um gemeinsam zu spielen, das zunehmende Angebot an Browser-
und Onlinespielen spiegelt diesen Trend wider. Sehr zum Leidwesen
einer Industrie, die Milliarden umsetzt, ist die Masse der Spieler
aber nicht bereit, hunderte Euro pro Jahr in ihr Hobby, in Form von
Hardware, hohen Verkaufs- oder Abogebühren zu investieren. Der
Ausweg der Industrie: ein neues Geschäftsmodell, das geeignet
scheint, den Spieler, während er seinem Hobby frönt und sich seine
Gedanken eher um die Rettung der Prinzessin oder den Gewinn von
Punkten dreht, unauffällig von seinem Geld zu trennen. So finanzieren
sich Online-Games inzwischen häufig über den Verkauf von
Gegenständen, die dem Gamer im Spiel Vorteile verschaffen. Die dafür
notwendige spielinterne Währung gibt–s auf vielen Wegen, in Form von
Prepaid-Karten auch an der Tankstelle oder im Elektronik-Markt
nebenan. Eine Entwicklung, die insbesondere Eltern im Auge behalten
sollten. Dazu kommt Werbung, die besonders in Sportspielen Raum
greift, sowie Produktplatzierungen, die schon in Film und Fernsehen
manchmal eine Plage sind. Jetzt geht ein von Millionen Fans
erwartetes Spiel einen Schritt weiter: Bei Diablo 3 werden Spieler
erstmals Gegenstände in einem Auktionshaus gegen echtes Geld handeln
können. Tummeln sich demnächst in den virtuellen Welten
Arbeitsbienen, die fleißig besondere Gegenstände sammeln oder Helden
hochpäppeln, um sie zu verkaufen? Bessern junge Spieler demnächst so
ihr Taschengeld auf, oder übernehmen das dynamische Firmen in
Schwellenländern? Marktbeobachter erwarten, dass der Umsatz mit
Abogebühren und virtuellen Gütern von 300 Millionen Euro im
vergangenen Jahr auf 450 Millionen Euro klettert. Und was macht das
mit den schönen neuen Online-Welten? Wenn viel Geld im Spiel ist,
droht der Spaß hinter dem Kommerz zurück und schließlich auf der
Strecke zu bleiben. Werden bald Spieler zu Zuschauern, die Profis bei
der Arbeit zusehen? Videospiele sind raus aus der Nische, eine
Rückkehr scheint unmöglich. Jetzt ist es an den Spielern, einer
innovationsfreudigen Industrie zu zeigen, wie weit sie mit Werbung im
Spiel, Auktionshäusern und Abomodellen gehen darf – bevor die Gamer
nicht mehr mitspielen.
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Andreas Kolesch
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