Wieder ein Amoklauf, wieder Verzweiflung und
Fassungslosigkeit: Mit Tränen in den Augen versucht US-Präsident
Barack Obama Worte für etwas zu finden, für das es keine Worte gibt.
Kein halbes Jahr nach dem Blutbad von Aurora ist Amerika erneut in
tiefer Trauer vereint. 28 Menschen haben in Newtown ihr Leben
verloren, dabei hatte es für die meisten doch gerade erst begonnen.
20 Opfer waren Kinder, ganze sechs oder sieben Jahre alt. Wieder
diskutiert die Welt über das viel zu laxe Waffenrecht der USA, und
wieder steht zu befürchten, dass sich kaum etwas ändern wird. Gewiss
ist gerade dieser Amoklauf ein Beleg dafür, dass es absolute
Sicherheit nie wird geben können. Die Tat geschah ja nicht in einem
abgehängten Problemviertel einer Millionenmetropole. Nein, Newtown
ist ein beschauliches Städtchen, in dem die meisten Menschen in
geordneten Verhältnissen leben. Auch war der Tatort, die Grundschule,
vergleichsweise gut gesichert. Der Attentäter verschaffte sich
gewaltsam Zutritt. Vielleicht sind es diese Umstände, die der
mächtigen Waffenlobby die Steilvorlage für eine PR-Offensive geben,
die jedem vernünftig denkenden Menschen den Atem stocken lassen muss.
So forderte Waffenbefürworter Steve Dulan bereits stellvertretend für
eine ganze Branche, dass auch in bisher waffenfreien Zonen wie
Schulen Gewehre und Pistolen erlaubt sein sollten. Damit hätte die
Tragödie zwar nicht verhindert, aber die Opferzahl doch minimiert
werden können. Es sind Aussagen wie diese, die uns an den USA
verzweifeln lassen. Es sind Überzeugungen wie diese, die die Kluft
zwischen unserem Selbstverständnis und dem der Amerikaner drastisch
offenlegen. Noch immer will eine Mehrheit der US-Bürger das Recht auf
den Besitz einer Waffe als unveräußerliches Grundrecht verteidigt
wissen. Wenn aber jeder bewaffnet sein kann, werden sich viele
bewaffnen – vorgeblich nur zum Selbstschutz. So mutiert das Recht
alsbald zu einer Art Bewaffnungspflicht. Mit den bekannt verheerenden
Konsequenzen: Nirgendwo auf der Welt sterben mehr Menschen durch
Schusswaffen als in den USA. Es ist nun am Präsidenten, diese Logik
endlich als krude zu entlarven und sie zu durchbrechen. Anders als
nach Aurora ist Barack Obama dieses Mal nicht im Wahlkampf, und
wiedergewählt werden kann er auch nicht mehr. Machtpolitisches Kalkül
scheidet somit als Ausrede aus. Der Friedensnobelpreisträger im
Weißen Haus ist zum Handeln gezwungen, will er nicht sein Gesicht
verlieren. Obama kann sich nicht nur für schärfere Waffengesetze
einsetzen, er muss es tun. »Wir haben das schon viel zu oft
durchgemacht«, hat Obama am Wochenende zu Recht gesagt und stärkere
Anstrengungen versprochen, um das Risiko weiterer Amokläufe zu
verringern. Wenn das aber mehr als nur leere Worte sein sollen, muss
er schnell die Initiative ergreifen – egal, wie stark die
US-Waffenlobby ist.
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