Sieben Milliarden Menschen. Das ist
beängstigend. Oder nicht? Wo große Zahlen sind, sind auch große
Sorgen. Das ist normal. Doch wir sollten uns weder von diesem Rekord
Bange machen lassen, noch von den Prognosen für kommende Jahrzehnte.
Die weitaus meisten dieser Menschen wollen nur, was wir alle wollen.
Trinken, Essen, Liebe, Sicherheit und Wohlstand. Sollen all diese
Menschen ihre Bedürfnisse verwirklichen können, muss das organisiert
werden. Derzeit organisieren wir im reichen Westen die dafür
notwendigen Mittel aber hauptsächlich für uns selbst. Wenn es auf
einer noch dichter bevölkerten Erde friedlich zugehen soll, muss sich
das ändern. »Entwicklung hilft« ist nicht nur der Name eines
Zusammenschlusses mehrerer wohltätiger Organisationen, die zum
Beispiel gerade Spenden für die Hungernden am Horn von Afrika
sammeln. Es ist auch der beste Ansatz für die Lösung des
komplizierten Problems mit den endlichen Ressourcen.
Entwicklungsländer, in denen die Bevölkerung in der Regel am
schnellsten wächst, müssen in den Stand versetzt werden, sich selbst
zu versorgen. Berechnungen zufolge wird sich die Zahl der Menschen
etwa in Afrika von heute einer Milliarde bis zum Jahr 2100 auf
voraussichtlich 3,6 Milliarden mehr als verdreifachen. Das erhöht
nicht nur den Bedarf an Lebensmitteln, sondern auch den Bedarf an
Infrastruktur und den Bedarf an guter Regierungsführung. Wenn die
reichen Länder hier helfen, helfen sie sich langfristig selbst. Denn
sie sind die Sehnsuchtsziele der Armen. Die Vermehrung des Menschen
ist eine Erfolgsgeschichte. Eine Geschichte von besserer Ernährung,
in Schach gehaltenen Krankheiten, von Erfindungen und
Friedensschlüssen. Es vergingen Jahrtausende, bis die Weltbevölkerung
etwa im Jahr 1800 erstmals eine Milliarde Menschen zählte. Schon 200
Jahre später hat sich ihre Zahl versechsfacht, nun versiebenfacht.
Für viele dieser Menschen sind Amerika und Europa – das Europa, für
das viele der Europäer derzeit so wenig zu kämpfen bereit sind –
nichts anderes als ein Paradies. Im Hinblick auf den Überfluss, in
dem es so viele Lebensmittel gibt, dass sie weggeworfen werden. Im
Hinblick auf die Freiheit, von der wir so viel haben, dass sie
manchem schon zur Last wird. Wenn wir aus diesem Paradies nicht
vertrieben werden wollen, müssen wir lernen, mehr Rücksicht zu
nehmen. »Die Würde des Menschen ist unantastbar.« Dieses Grundrecht
müssen wir auch außerhalb des reichen Westens zur Geltung bringen.
Mit solchen Gedanken im Hinterkopf stellten sich manche Fragen gar
nicht. Ob Vieh, das später auf der Nordhälfte gegessen wird, mit
Trinkwasser der Südhalbkugel versorgt werden sollte. Zum Beispiel.
Oder wer die Bodenschätze des Südens ausbeuten sollte. Bei solchen
Fragen schauen Menschen aus aller Welt auf Europa und Amerika. Bald
noch mehr.
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Andreas Kolesch
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