Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Atomstresstest

In sieben Jahren soll das letzte Kernkraftwerk
in Deutschland abgeschaltet werden. Dann beginnt die
jahrzehntelange Phase des Rückbaus und der Entsorgung. Wie teuer das
genau wird, ist nach wie vor unklar. Die von Wirtschaftsminister
Sigmar Gabriel (SPD) beauftragten Gutachter kommen nun zu dem
Schluss, dass das zurückgelegte Geld der vier Energieriesen
ausreicht. Das hieße: Der Steuerzahler wird nicht zur Kasse gebeten
– eine gute Nachricht. Ganz so einfach stellt sich die Sache
allerdings nicht dar. Die Krux ist, dass das Gutachten nur eine
Momentaufnahme liefert. Es setzt die derzeitige Finanzsituation der
Konzerne in Relation zu den geschätzten Rückbaukosten der Atommeiler.
Doch was ist, wenn einer der Energieriesen – aus welchen Gründen
auch immer – in eine schwierige finanzielle Situation gerät? Können
dann mehrere Milliarden Euro einfach auf die verbliebenen drei
Ex-Atomkonzerne verteilt werden? Gabriel steckt in einer
Zwickmühle. Er muss den Zugriff des Staates auf die Rückstellungen
der Unternehmen sichern, darf dabei aber nicht deren Existenz
gefährden. Denn dann müsste doch wieder der Steuerzahler
einspringen. Der Stresstest beruhigt für den Moment. Was in zehn
oder 20 Jahren ist, kann er nicht sagen.

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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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