Wer protestieren will, muss provozieren dürfen.
Dabei sollte es erlaubt sein, auch Grenzen zu überschreiten –
gesetzliche Grenzen, sofern dadurch niemand verletzt wird, moralische
Grenzen und, wenn es sein muss, Grenzen des guten Geschmacks. Die
katholische Kirche reagiert auf den »Auftritt« einer entblößten Frau
beim Weihnachtsgottesdienst des Kölner Kardinals Meisner sehr
unaufgeregt. Das ist gut. Damit unterscheidet sie sich sowohl von
Islamisten, die Karikaturisten und andere mit dem Tod bedrohen, als
auch vom russischen Diktator Wladimir Putin, der die Sängerinnen von
Pussy Riots nach ihrem Kirchenauftritt sogleich in Arbeitslagern
internieren ließ. Eine andere Frage ist, ob die Provokation der
Femen-Aktivistin irgendeinem Protest nützt. Was soll vor allem der
Spruch »Ich bin Gott« auf nackter Haut? Klar kann man Meisner
kritisieren: wegen seiner Äußerungen zu Homosexualität, zu Frauen im
Priestertum, zur Abtreibung, der Kirche von unten und mehr. Aber
nichts davon wird jetzt diskutiert. Nichts als nackte Haut und ein
blöder – nach Geschmack lächerlicher oder anmaßender – Spruch.
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