Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Auschwitz-Urteil

Nein, den Anklägern und Holocaust-Überlebenden
geht es nicht darum, hochbetagte Greise in ihren letzten
Lebensjahren im Gefängnis zu sehen. Ihnen ist die jetzt
rechtskräftige Feststellung wichtig, dass sich auch die
vermeintlichen Mitläufer in Auschwitz schuldig gemacht haben. Genau
das ist nun erstmalig höchstrichterlich anerkannt. Mit der gestern
bekannt gewordenen Entscheidung hat das höchste deutsche Strafgericht
indirekt auch über die Versäumnisse der Nachkriegsjustiz geurteilt.
Dass dies erst 71 Jahre nach Kriegsende geschieht, ist aber leider
auch eine Bestätigung dafür, dass in Deutschland die meisten Täter
von Auschwitz davongekommen sind, wie es Christoph Heubner vom
Internationalen Auschwitz-Komitee gestern formulierte.
Verurteilungen wegen Beihilfe zum Mord gab es bislang nur wenige in
den 60er Jahren wegen Taten vor allem in ausschließlichen
Vernichtungslagern wie Treblinka oder Sobibor. Da in Auschwitz vor
der Vernichtung die Zwangsarbeit stand, setzten Richter hier
andere Maßstäbe an. Diese gelten nun nicht mehr. Das ist gut und
richtig, kommt aber viel zu spät.

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