Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum CDU-Bundesparteitag

Nein, die Probleme der SPD hat die CDU bestimmt
nicht. Während die Sozialdemokraten immer noch so ihre liebe Mühe
haben, sich hinter ihrem designierten Spitzenkandidaten Peer
Steinbrück zu versammeln, ist die Führungsrolle der Bundeskanzlerin
und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel unangefochten. Wo Steinbrück
»Beinfreiheit« für sich fordert und doch über seine eigenen Füße zu
stolpern droht, steht Angela Merkel fest auf dem Boden der Tatsachen.
Finden jedenfalls die Leute. Keine Vorträge, keine bezahlten
Interviews, keine Bücher – kurz, keine Nebeneinkünfte im
Millionenbereich und über jeden Verdacht des Eigennutzes erhaben. Im
Volk kommt gut an, dass die Kanzlerin ihren Weg schnörkellos und frei
von Allüren beschreitet. Dass es dabei mal nach vorn, dann wieder
zurück und mitunter auch bloß im Kreis herum geht, stört bisher nur
eine Minderheit. Im achten Jahr ihrer Kanzlerschaft erreichen Merkels
Zustimmungswerte historische Höchststände. Könnten die Deutschen
ihren Regierungschef direkt wählen, hätte die CDU-Vorsitzende eine
weitere Amtszeit sicher. Können sie aber nicht, und deshalb ist die
Lage etwas verzwickter. Angela Merkel braucht den Erfolg ihrer
Partei, sonst ist ihr eigener Erfolg nichts wert. Das wirft die Frage
auf, wie viel Kanzlerwahlverein die CDU sein darf. Ist da mehr als
nur Merkel? Auf dem Bundesparteitag in Hannover wird es auch darum
gehen. In Abwandlung eines alten CDU-Wahlkampfslogans hat Volker
Kauder die Richtung sicherheitshalber schon einmal vorgegeben: »Auf
die Kanzlerin kommt es an«, sagt der Fraktionsvorsitzende. Auch
Generalsekretär Hermann Gröhe versucht sich in Linienführung und
bittet zur ersten Pressekonferenz, noch bevor der Parteitag überhaupt
eröffnet ist. Dafür gibt es gute Gründe, denn Widerspruch lauert
überall: von den Unionsfrauen, den jungen Abgeordneten, den
Großstadt-Abgeordneten und auch vom konservativen Berliner Kreis.
Nicht alles davon muss man ernst nehmen, und kaum etwas davon stellt
eine echte Bedrohung dar. Vielleicht aber liegt gerade darin die
größte Bedrohung für die CDU. Angela Merkel hat für ihre Politik
einst den Begriff der Alternativlosigkeit geprägt. Längst ist sie
selbst für ihre Partei alternativlos geworden. Was nämlich bleibt,
wenn man für einen Moment die Augen schließt und sich die CDU ohne
Merkel vorstellt? Nicht sonderlich viel! Die Christdemokraten wandeln
auf schmalem Grat. So muss sich die Partei in Hannover nicht lange
über ein glänzendes Ergebnis für Angela Merkel bei ihrer Wiederwahl
zur Vorsitzenden freuen, denn das ist gewiss. Freuen müsste die CDU
ein neuer Wettstreit der Positionen, der erst eine Volkspartei
attraktiv macht. Mit einer Angela Merkel mag man im Herbst 2013
vielleicht die dritte Bundestagswahl in Folge gewinnen. Für den
Gewinn der politischen Zukunft jedoch reicht das allein ganz gewiss
nicht.

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Andreas Kolesch
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