Schäuble, immer wieder Schäuble. Auch wenn die
Personaldebatte um den Bundesfinanzminister weiter heftig tobt und
von Rücktritt und Kabinettsumbildung die Rede ist, braucht Angela
Merkel vorerst keinen Orkan zu fürchten. Beim heute beginnenden
Bundesparteitag der CDU in Karlsruhe steht vor allem Geschlossenheit
auf der Tagesordnung. Trotz aller Probleme, die von miesen
Umfragewerten bis zum fehlenden Profil der Partei reichen, wird
Angela Merkels Macht durch die Wahl ihrer neuen Stellvertreter noch
größer. Denn weder Annette Schavan noch Norbert Röttgen oder Volker
Bouffier könnten Merkel ernsthaft den Vorsitz streitig machen. Und
Ursula von der Leyen gilt ohnehin als Vertraute. Da waren Koch,
Rüttgers und Wulff, die sich selbst für die besseren Kanzler hielten,
ganz andere Kaliber. Angela Merkel selbst ist zwar nach wie vor die
unangefochtene Nummer eins, aber dennoch hat die Partei ihre Chefin
noch immer nicht in ihr Herz geschlossen. In Karlsruhe droht ihr bei
der Wiederwahl sogar ein Denkzettel. Dabei ist die Lage in
Deutschland ausgesprochen gut: Der Aufschwung hat die Wirtschaft
erfasst, das Wachstum kehrt zurück, die Arbeitslosenzahlen schrumpfen
in Rekordzeit. Das Problem ist, dass die Mehrheit den Aufschwung
nicht mit Merkel und ihrer Regierung in Verbindung bringt. Und das
liegt daran, dass der katastrophale Start der Bundesregierung noch
immer nachwirkt. Gleichzeitig haben Maßnahmen wie das unausgewogene
Sparpaket, Personalangelegenheiten wie der Koch-Rücktritt mit
Konservatismus-Debatte sowie die misslungene Bundespräsidentenkür und
-wahl die Partei nach unten gezogen. Nach aktuellen Umfragen haben
die Christdemokraten aber das Schlimmste hinter sich. Merkels
konsequenterer Führungsstil, die geplante Bundeswehrreform, das
(vorläufige) Ende des Dauerstreits, aber auch die Antrittsrede und
der gelungene Auftritt Christian Wulffs im türkischen Parlament haben
dazu beigetragen. Die Stimmung in der CDU ist zwar noch nicht rosig,
aber auch nicht mehr so lausig wie noch vor Wochen. Vom Parteitag
muss jetzt ein Signal ausgehen. Drei Dinge sind in Karlsruhe nötig.
Erstens: eine mitreißende Rede der Parteichefin. Zweitens: ihre
Wiederwahl mit deutlich mehr als 90 Prozent der Stimmen. Dritter und
wichtigster Punkt: Angela Merkel muss deutlich machen, was eigentlich
die Mission des christlich-liberalen Projekts ist. Für welche
konservativen Inhalte steht die Partei? Was ist ihre Vision? Wie
sozial ist die CDU, und wo setzt sie die klare Kante? Der Parteitag
ist für die CDU richtungsweisend. Nur wenn Geschlossenheit, Stärke
und Entscheidungswillen nicht nur propagiert, sondern auch gelebt
werden, kann die Partei die nächste Herausforderung meistern. Und die
lautet: Landtagswahl am 27. März 2011 in Baden-Württemberg. Doch
zuvor sollte die Frage geklärt werden: Wie geht es mit Wolfgang
Schäuble weiter?
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Andreas Kolesch
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