Irgendetwas machen die Sachsen und Bayern besser
als die Nordrhein-Westfalen. Sie führen die Rangliste im neuen
Ländervergleichstest der Grundschulen in punkto Lesen und Rechnen an.
Sprach- und Begabtenförderung lauten die Zauberworte in Sachsen. Auch
wenn NRW gerade im Bereich Sprachkompetenz einiges getan hat, reicht
es nicht. Ein Platz im Bildungsmittelfeld darf nicht der Anspruch der
Schulministerin sein. NRW kann mehr. Es ist erschreckend, dass laut
der Studie in elf Bundesländern mehr als die Hälfte der
Viertklässler, die die Mindeststandards nicht erreichen, zu Schulen
gehen, die gar keine Sprachförderung oder Modelle vollkommen ohne
Konzept anbieten. In NRW gibt es zwar zahlreiche Angebote. Der gute
Wille ist da – nicht zuletzt seitens der Politik. Es stellt sich
allerdings die Frage, welche der Maßnahmen tatsächlich sinnvoll sind.
Es ist Zeit auszumisten. Wenige gute Konzepte sind effektiver als
viele unkoordinierte. Das gilt im Übrigen ebenfalls für Reformen.
Wenn das Schulministerium dann schon beim Straffen ist, könnte es
gleich eindeutige Schwerpunkte schaffen. Rechnen, Schreiben und Lesen
– das muss sitzen. Englisch in der Grundschule ist zwar ein gut
gemeinter Ansatz, letztlich aber verzichtbar. Schreiben klingt
simpel. Wenn Fachlehrer jedoch nicht einmal eine Lehrbefähigung in
dieser Disziplin vorweisen müssen, um Schrifterwerb zu unterrichten,
sind Zweifel an der richtigen Akzentsetzung berechtigt. Das führt
dazu, dass Grundschüler unnötig Methodenexperimenten ausgesetzt
werden. Mal wird geschrieben wie gesprochen wird, dann ist wieder ein
anderer Ansatz modern. Plötzlich wird eine neue Schrift getestet,
dann kehrt der Lehrer zur alten Form zurück. Das ist keine böse
Absicht, sondern vielmehr Unsicherheit. Eindeutigere Vorgaben in der
Ausbildung von Grundschulpädagogen würden nicht nur Schülern, sondern
auch Lehrern helfen. In jeder Bildungsstudie kommt eines aufs Tapet:
In Deutschland hängt die Chance von Kindern vom Bildungsniveau der
Eltern ab. Die aktuelle Länderstudie spricht von »substanziellem
Zusammenhang«. Das kann nicht oft genug gesagt werden. Es bestätigt
die Rückständigkeit des deutschen Bildungssystems. Der Ausbau von
Ganztagsschulen ist ein richtiger Schritt. Er wird Zeit brauchen, um
zu wirken. Eine Portion Mut zu einem durchlässigeren Schulsystem
könnte ebenfalls nicht schaden. Letztlich ist es immer schwierig,
Bundesländer zu vergleichen. Zu unterschiedlich sind entscheidende
Faktoren: Ausländeranteil, Zahl der Großstädte, Schulformen. Wer
wirklich wissen will, woran Schule in Deutschland krankt, muss
ähnliche Regionen gegenüberstellen. Das ist jedoch nur ein Baustein
einer umfassenden Analyse, warum einige Bundesländer immer wieder von
anderen abgehängt werden. Diese hat es – trotz Massen an
Untersuchungen – noch nie gegeben.
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