Hunger ist Hunger, Not ist Not: Wir haben keinen
Maßstab für den normalen, den etwas weniger oder den ganz schlimmen
Hungertod. Es gibt für jeden Menschen auf dieser Welt nur ein Leben.
Und doch bestehen Unterschiede. In der Demokratischen Republik Kongo
sind 13 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das sind
genauso viele wie im kriegszerstörten Syrien. Beide Fälle sind
gleichermaßen dramatisch.
Lassen wir uns also nicht von irrlichternden Trump-Tweets, Putins
Prahlereien und Erdogans Hasstiraden den Blick auf wenige Brennpunkte
verengen. Humanität und Ethos zwingen zur Gesamtschau. Wir können
nicht alle Probleme lösen, aber Regionen und Menschen zweiter Klasse
dürfen wir auch nicht akzeptieren. Deshalb ist es beschämend, dass
die Weltgemeinschaft in diesem Jahr gerade 430 Millionen Euro für die
Opfer der aktuell »komplexesten und am wenigsten beachteten
Katastrophe«, so die UN, erübrigen kann. Das Geld reicht für vier von
zwölf Monaten. Und dann?
Das Ergebnis hat Gründe. Die Lage ist verworren, der Staatschef
macht alles nur noch schlimmer und Flüchtlingsströme von dort nach
Europa stehen auch nicht zu befürchten. Die Menschen in den
Karsai-Provinzen und an den Großen Seen sind viel zu arm, zu krank
und ungebildet, um ferne Ziele zu erreichen. Die meisten bleiben
Binnenvertriebene – und damit fast unsichtbar. Präsident Joseph
Kabila, einer von Afrikas schlimmsten Kleptokraten, trägt die
Hauptschuld. Aufstände in Karsai – mit dem Mord an einem
Oppositionsführer geschürt – spielen ihm in die Karten. Die
Dauerduldung von 120 Rebellengruppen im Ostkongo stabilisiert den
Ausnahmezustand und 21.000 Blauhelmsoldaten werden von der Regierung
massiv behindert. Ihre Friedensmission ist unerwünscht Kabilas zwei
zulässige Amtszeiten sind lange abgelaufen. Da trifft es sich gut,
dass die Durchführung demokratischer Wahlen ausgeschlossen bleibt.
Zudem tritt Kabila eine vom Kongo unterzeichnete Agenda der
Afrikanischen Union zur Garantie von Menschenrechten und guter
Regierungsführung mit Füßen.
Die nur dem Namen nach »Demokratische« Republik Kongo ist extrem
reich und könnte sich spielend selbst helfen. Rohstoffraub,
gleichermaßen von Regierung und Rebellen betrieben, hält aber die
Masse in bitterer Armut. Im Boden liegen unvorstellbare Mengen an
Diamanten, Gold und Kupfer, das für Handys unverzichtbare Coltan
sowie das weltgrößte Vorkommen an Kobalt – heiß begehrt von Tesla und
Co.
Kaum einer in Europa und den USA weiß, dass die schöne neue
Elektromobilität auf einem unvorstellbar primitiven Kleinbergbau mit
Hungerlöhnen und härtester Arbeit aufbaut. Auch das wird
weltpolitisch gerne ausgeblendet – genauso wie das gesamte düstere
Kapitel Kongo.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell