Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Kosovo

Das Kosovo wird souverän, die Überwachung durch
den internationalen Lenkungsrat läuft schon im September 2012 aus.
Dies ist eine gute Nachricht, denn somit findet der Kosovokrieg von
1999 endlich seinen rechtlichen Abschluss. Damals hatte die NATO mehr
als 1000 Kampfflugzeuge gegen Jugoslawien eingesetzt, um die
Vertreibung und Vernichtung der albanischen Minderheit durch die
Serben zu verhindern. 2008 proklamierte das Kosovo die Unabhängigkeit
von Serbien, seitdem haben 91 UNO-Mitglieder den jungen Staat
anerkannt. Dennoch verbreitet die Souveränität des Kosovo keine wahre
Freude. Zu viele Probleme bleiben ungelöst: Der scharfe Konflikt
zwischen serbischer Minderheit und albanischer Mehrheit erfordert
immer noch die Präsenz der Nato-Friedensmission Kfor. Die Bundeswehr
ist dabei besonders engagiert. Zwar sollten die Truppen schon lange
reduziert werden, doch der serbisch-albanische Konflikt hat sich
nicht beruhigt. Deutschland hat sogar unlängst den Einsatz der
Bundeswehr mit bis zu 1850 Soldaten um ein Jahr verlängert. Weitere
Probleme entstehen durch Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Armut und
Korruption. Die Justizbehörden sind zu schwach, um die organisierte
Kriminalität einzudämmen. Das illegale Geschäft mit Drogenschmuggel,
Menschenhandel, Geldwäsche und Prostitution durchdringt angeblich
auch die Politik und fördert eine »Gangsterbandenkultur«. Dies
betrifft besonders den serbischen Norden des Kosovo, wo die Polizei
von der lokalen Mafia kontrolliert wird und allgemeine
Gesetzlosigkeit herrscht. Bei einer Arbeitslosigkeit von 40 Prozent
grassieren Armut und Verwahrlosung, Korruption ist allgegenwärtig. So
wurde jüngst selbst der Leiter der Anti-Korruptions-Behörde wegen des
Verdachtes auf Korruption verhaftet. Das größte Problem bleibt jedoch
die Unfähigkeit von serbischen und albanischen Kosovaren, friedlich
zusammenzuleben. Serbien erkennt die Abspaltung seiner früheren
Provinz nicht an, und die serbischen Kosovaren, die primär im Norden
leben, widersetzen sich der Regierung in Pristina. Ständig kommt es
zu Provokationen und Zusammenstößen. Gäbe es die internationalen
Truppen nicht, käme es leicht zu Mord und Totschlag. Dieser
gefährliche und tragische Zustand hat sich seit 1999 kaum gebessert.
Das Kosovo steckt in einer Sackgasse. Der Versuch, dort einen
multi-ethnischen Staat zu schaffen, ist bisher gescheitert. Auch die
EU bleibt hier erfolglos: Die Rechtsstaatlichkeitmission Eulex – der
größte und teuerste außenpolitische Einsatz der EU – kommt nicht
voran. Die etwa 2000 europäischen Richter, Polizisten und Zollbeamten
sind nicht ermächtigt, die serbischen Kriminellen im Norden zu
verhaften oder kosovo-albanische Politiker wegen Korruption vor
Gericht zu stellen. Solange die EU nur eine äußerliche Stabilität
anstrebt, bleiben Hass, Kriminalität und Gewalt unter der Oberfläche.
So findet das Kosovo nie seinen Frieden.

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