Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Mordfall Dennis

»Das Leben ist beendet, wenn das Kind
verschwindet.« Das sind die Worte von Anja Wille. Sie hat 2004 ihren
Sohn verloren. Felix (8) wurde Opfer eines Sexualstraftäters. Genauso
wie der kleine Mirco (11) aus Grefrath. Genauso wie Dennis (8),
Stefan (13) und Dennis (9), deren Schicksal uns aus aktuellem Anlass
erneut sehr bewegt. Unsere Gefühle reichen von Wut und Hass bis hin
zu Trauer, aber auch Erleichterung, dass die Mordserie endlich ein
Ende hat. Und erneut stellen wir uns die Frage, müssen wir uns die
Frage stellen: Was können wir tun, um unsere Kinder besser zu
schützen? Der Dank und das Lob gilt den Ermittlern der »Soko Dennis«.
Die Profifahnder haben nie aufgegeben – auch nicht nach zehn Jahren,
als kaum noch Hoffnung bestand, den Täter jemals zu fassen. Aber so
sehr die Ermittlungsarbeit der Polizei zu loben ist, so sehr fehlt es
am Schutz der Kinder in unserer Gesellschaft. Nach wie vor werden
Sexualstraftäter in Deutschland zu lasch bestraft. Für den sexuellen
Missbrauch von Kindern mit Todesfolge sieht der Gesetzgeber nur eine
Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis vor. Bei guter Führung sind die
Täter häufig schon nach der Hälfte der Zeit wieder auf freiem Fuß.
Viele von ihnen vergehen sich erneut an Kindern. Es ist ein Skandal,
dass Schwerstkriminelle, die Kinder auf grausamste Weise sexuell
missbrauchen und töten, frei kommen, obwohl sie nach Meinung aller
Experten eine große Gefahr darstellen. Die Richter, die die
rückwirkende Sicherungsverwahrung in Deutschland als einen Verstoß
gegen die Europäische Menschenrechtskonvention betrachten, sollten
sich schämen. In Deutschland gibt es keinen gesellschaftlichen Druck
für die Bekämpfung von Internetseiten und -foren
kinderpornografischen Inhalts. Es gibt jedoch Druck gegen die
Sperrung oder Löschung solcher Internetseiten. Wir brauchen härtere
Strafen und Gesetze. Hinterbliebene fordern schon seit langem eine
Meldepflicht für einschlägig vorbestrafte Sexualstraftäter, wie sie
in anderen Ländern längst üblich ist. Auch Schauspieler Til
Schweiger, Vater von vier Kindern, wünscht sich mehr Opfer- statt
Täterschutz in Deutschland. Im Mordfall Dennis hat der 40-jährige
ehemalige Lehramtsstudent drei Tötungsdelikte und mindestens 40
Missbrauchsfälle gestanden. Er, der als der gute Nachbar von nebenan
galt, hat seine Opfer aus Schullandheimen und Jugendherbergen geholt
– aus einem sichern Umfeld. Hoffentlich kommt er nie wieder frei. Wir
müssen unsere Kinder besser vor solchen Tätern schützen. Das sind wir
allen Opfern schuldig – nicht zuletzt Felix (8), Mirco (11), Dennis
(8), Stefan (13) und Dennis (9).

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