Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Tag der Deutschen Einheit

Noch vor ein paar Jahren wussten nur die
wenigsten Westdeutschen, dass Eisenhüttenstadt in Brandenburg,
Chemnitz in Sachsen und Jena in Thüringen liegt. 21 Jahre nach der
Wiedervereinigung gibt es zwar noch immer einige gravierende
Unterschiede zwischen Ost und West und unheimlich viel zu tun, aber
dennoch: Deutschland kann am Tag der Deutschen Einheit stolz, dankbar
und glücklich sein. 21 Jahre ohne Mauer, ohne Schießbefehl, ohne
Freiheitsentzug. Am 3. Oktober 1990 wurde aus zwei deutschen Staaten
wieder einer – und das, nachdem Mauer und Stacheldraht fast 30 Jahre
lang eine bittere Trennlinie gezogen hatten. Die deutsche Teilung,
die friedliche Revolution in der DDR, der Fall der Mauer und die
Wiedervereinigung – das sind Meilensteine in der deutschen
Geschichte. Dieser Feiertag ist Grund genug, Bilanz zu ziehen. Der
Lebensstandard hat sich angeglichen, marode Häuser sind in vielen
ostdeutschen Städten saniert, die Infrastruktur ist modernisiert. Das
verfügbare Durchschnittseinkommen je Einwohner wuchs im Osten von
1991 bis 2007 um 85 Prozent auf 1260 Euro im Monat, im Westen nur auf
40 Prozent auf 1603 Euro. Etwa 1,6 Billionen Euro sind zum Aufbau in
den Osten geflossen. Dennoch sind längst noch nicht alle Probleme
gelöst. Die größte Herausforderung besteht darin, die
Arbeitslosigkeit, die im Osten fast doppelt so hoch ist wie die im
Westen, in den Griff zu bekommen. Der demographische Wandel trifft
die neuen Bundesländer hart. Viele junge Menschen wandern ab.
Altersarmut und die deutlich geringeren Sparguthaben sind weitere
Schwierigkeiten. Allerdings gibt es Strukturprobleme in Deutschland
nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Nord- und
Süddeutschland. Und auch im Westen gibt es eine Region, die uns
Sorgen macht: das von Arbeitslosigkeit geplagte Ruhrgebiet. Folglich
sollte man nicht immer nur die Strukturschwäche der neuen
Bundesländer betrachten. 1990 ist die Deutsche Einheit Wirklichkeit
geworden. 21 Jahre danach wurde vieles erreicht, aber endgültig
zusammengewachsen sind Ost und West noch nicht. Es gibt noch viel zu
tun – und es ist die Politik, die trotz aller Euro-Turbulenzen die
Rahmenbedingungen dafür zu schaffen hat, dass die Deutsche Einheit
vollendet wird. Aber auch wir müssen weiterhin dazu bereit sein. Am
Tag der Deutschen Einheit sollten wir uns nicht nur über das
herrliche Wetter und den arbeitsfreien Tag freuen. Dazu passt
folgendes Zitat der Bundeskanzlerin: »Ich glaube, damals kam es einem
Wunder gleich, und ein bisschen von diesem Wunder sollten wir uns
auch in unseren Herzen und Köpfen bewahren.«

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Andreas Kolesch
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