Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema ADAC

Der Allgemeine Deutsche Autoclub (ADAC) ist eine
Macht. Mit 19 Millionen Mitgliedern gibt es in Deutschland keinen
größeren Verein. Sich selbst bezeichnet der ADAC als
vertrauenswürdigste Organisation und Verein mit den bundesweit
positivsten Imagewerten. Doch nun haben Vertrauen und Image schweren
Schaden genommen.

Dafür ist offenbar in erster Linie eine Einzelperson
verantwortlich: Michael Ramstetter. Der 60-Jährige war bislang Leiter
der Unternehmenskommunikation und Chefredakteur der
Mitgliederzeitschrift »Motorwelt« mit einer monatlichen Auflage von
etwa 13,8 Millionen. Er hat sich nach Ansicht von Insidern seit
seinem Amtsantritt vor 15 Jahren so etwas wie ein kleines Königreich
aufgebaut, in dem er schalten und walten konnte, wie er wollte.
Beschwerden über ihn, seine Arbeitsweise und seinen ruppigen Umgang
mit Mitarbeitern soll es gegeben haben – Konsequenzen blieben aber
aus.

Daher verwundert es kaum, dass Ramstetter keine Skrupel hatte, mit
Lug und Betrug zurückzuschrecken. Nur selten hatte er Widerspruch aus
der ADAC-Führungsspitze erhalten.

Diesmal muss er den Bogen überspannt haben. Da fühlten sich wohl
einige Mitarbeiter so unter Druck gesetzt, dass sie trotz aller
Verbundenheit zu ihrem Arbeitgeber dem Spiel mit falschen Zahlen bei
der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen ein Ende bereiteten und die
richtigen Zahlen der »Süddeutschen Zeitung« zuspielten. Fest steht,
Ramstetter hat die Zahl der eingegangenen Stimmen gefälscht. Statt
knapp 300 000 Teilnehmern sollen es nur wenige Tausend
»Motorwelt«-Leser gewesen sein, die ihre Stimme eingesandt haben. Ein
Debakel für den Club und für Ramstetter. Hier ging es ihm nicht nur
um den Ruf des Preises »Gelber Engel«, sondern um seine persönliche
Stellung im Unternehmen ADAC.

Die hat er nun ohnehin verloren. Das aber ist längst nicht alles.
Sowohl der in Rheda-Wiedenbrück geborene Präsident Peter Meyer als
auch Geschäftsführer Karl Obermair haben ein Problem. Warum haben sie
ihrem Sprecher blind vertraut? Noch am Donnerstag sprach Obermair von
»Unterstellungen und Unwahrheiten«. Damit hat er dem ADAC ein
zusätzliches Glaubwürdigkeits- und Vertrauensproblem beschert. Das
wird auch auf andere Ebenen durchschlagen. Denn der Club ist schon
lange weitaus mehr als nur der Verein der »Gelben Engel«.

Der ADAC ist ein Großunternehmen mit den Geschäftsfeldern
Versicherungen, Reiseanbietern, Beteiligungs-, Wirtschafts- und
Finanzdiensten. Mit seinen Tests prangert der Club Unzulänglichkeiten
an. Dabei beschränkt er sich nicht mehr nur auf Dinge rund ums Auto.
Auch Urlaub, Reise, Camping, Skipässe oder Fahrräder werden unter die
Lupe genommen. »Neutral, unbestechlich, unabhängig und objektiv« –
sagt der ADAC über sich. Diese Aussagen stehen jetzt in einem ganz
neuen Licht.

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Andreas Kolesch
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