Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Katar und die Deutsche Bank

Der Weg von Frankfurt nach Basel-III führt über
Katar. Knapp 1,8 Milliarden Euro aus der gut gefüllten Kasse von
Scheich Hamad bin Jassim Bin Jabor al-Thani sollen die Deutsche Bank
fit machen für neue bankenrechtliche Bestimmungen und kommende
Banken-Stresstests – zusammen mit weiteren vier Milliarden Euro
anderer Anleger. Dadurch steigt die für das Kreditgeschäft wichtige
Kernkapitalquote auf komfortable 11,8 Prozent.

Vermutlich werden die Aktionäre der Deutschen Bank die Nachricht
auf der am Donnerstag stattfindenden Hauptversammlung überwiegend
positiv aufnehmen. Zwar verwässert eine Kapitalerhöhung naturgemäß
die Dividende, die infolgedessen künftig auf mehr Anteilseigner
verteilt werden muss. Gleichzeitig enthebt sie aber die Aktionäre von
größeren Sorgen. Diese nährten sich zuletzt unter anderem aus der
Zurücknahme der unternehmerischen Ziele für 2015 und der Aussicht auf
hohe Regressforderungen in mehreren Gerichtsverfahren.

Arabisches Geld ist schon seit Jahren in der deutschen Wirtschaft
sehr willkommen. So hält das Emirat Katar selbst bereits 15,6 Prozent
der Volkswagen-Aktien – also deutlich mehr als die sechs Prozent,
durch die es nun zum größten Aktionär der Deutschen Bank wird. Am
Baukonzern Hochtief hält es zehn Prozent. Kuwait kommt bei Daimler
auf knapp sieben Prozent. Etihad (Abu Dhabi) ist an Deutschlands
zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin mit 29,2 Prozent beteiligt.
Arabische Anleger sind nicht zuletzt deshalb gern gesehen, weil sie
sich erstens normalerweise nicht ins Tagesgeschäft einmischen und
weil sie zweitens dann, wenn es notwendig wird, stets auch noch eine
höhere Summe nachschießen können.

Das Geld dafür fließt aus der Wüste. 60 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts von Katar werden mit den fossilen Naturschätzen
Gas und Erdöl erwirtschaftet. Das Emirat verfügt nach Russland und
dem Iran über die drittgrößten Erdgasreserven weltweit. Wie die
anderen Golfstaaten und Saudi-Arabien selbst unternimmt Katar seit
Jahren große Anstrengungen, sich aus der Abhängigkeit von den
fossilen Energieträgern zu lösen. Investiert wird – außer in
ausländische Beteiligungen – vor allem in Nobel-Tourismus und Kunst.

Es gibt zudem eine Stahl- und ein Düngemittelwerk. Eine
Solarzellen-Produktion ist im Aufbau. Für Schlagzeilen sorgte Katar,
als es die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an sich zog. Seitdem weiß
die Welt allerdings über die erbärmlichen Wohn- und
Arbeitsbedingungen für die südasiatischen Gastarbeiter. Katar, das in
manchen Statistiken als das reichste Land der Erde geführt wird, ist
sich nicht zu schade, die Ärmsten auszubeuten und ihnen grundlegende
Rechte vorzuenthalten. Immerhin hat der Protest dazu geführt, das
Veränderungen angekündigt wurden. Ob die Versprechungen eingehalten
werden, wird man sehen. Arabisches Geld ist in Europa weiter
willkommen. Doch darf es uns nicht den Mund stopfen.

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