Was wird aus Gaddafi? Geht er ins Exil, kämpft
er weiter, oder gibt er sich – wie Hitler – im Bunker die Kugel? Die
Libyen-Konferenz in London glaubt, dass er den militärischen und
politischen Druck nicht aushalten kann. Er wird verschwinden – so
oder so. US-Außenministerin Hillary Clinton hat dies in London
bekräftigt. Der Internationale Strafgerichtshof will Haftbefehle
gegen Gaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausstellen.
Das ist unvermeidlich. Es wäre ungerecht, dem libyschen Diktator ein
bequemes Exil zu erlauben. Er gehört in den Kerker. Die Londoner
Konferenz plant bereits den zivilen, politischen und diplomatischen
Wiederaufbau Libyens. Die USA, UNO, EU und Arabische Liga versprechen
Hilfe. Das ist löblich und notwendig. Die jungen Rebellen dürfen
nicht allein gelassen werden. Nach dem militärischen Beistand sollte
jetzt die humanitäre Unterstützung folgen. Das ist die internationale
Staatengemeinschaft den mutigen Rebellen schuldig. Wenn das neue
Libyen frei und selbstbewusst wiederaufersteht, hat sich der
Militäreinsatz der Briten, Franzosen, Amerikaner, Kanadier, Belgier,
Dänen und Araber aus Katar und den Vereinigten Emiraten gelohnt. Denn
ohne UN-Resolution und Luftkampf würde Gaddafi seine Landsleute immer
noch ermorden. »Wir haben Gaddafis tödlichen Vormarsch gestoppt«,
sagte US-Präsident Obama. »Manche Nationen mögen Gräueltaten in
anderen Ländern ignorieren. Die USA sind anders.« Recht hat er. Der
Seitenhieb auf die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat sollte
die Bundesregierung beschämen. Immerhin beteiligt sich jetzt die
deutsche Marine an Nato-geführten Missionen vor Libyen. Sie hat zwar
nur Observierungsaufgaben, doch Deutschland zeigt wenigstens ein
Minimum an Bündnissolidarität. Dies wird Ex-Verteidigungsminister
Volker Rühe (CDU) jedoch nicht zufriedenstellen, der die
Libyen-Politik der Bundesregierung »einen schweren Fehler von
historischen Dimensionen« nennt. Und auch der CDU-Abgeordnete
Wolfgang Bosbach, der SPD-Außenexperte Hans-Ulrich Klose und der
einstige EU-Sonderbeauftragte für Bosnien, Christian
Schwarz-Schilling, beklagen den diplomatischen Schaden, den Berlin
angerichtet hat. »Die Deutschen erweisen sich wieder einmal als nicht
verlässlich«, sagt Klose. Und Schwarz-Schilling meint, Deutschland
hätte an der Seite der amerikanischen und europäischen Partner stehen
sollen. Wie kann der Schaden repariert werden? Außenminister Guido
Westerwelle (FDP) verspricht politische und ökonomische Hilfe beim
Wiederaufbau Libyens. Er will sich um die Zukunft des Landes kümmern.
Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wir sollten diesen
Außenminister beim Wort nehmen und peinlich darauf achten, dass er
Wort hält. Denn ein erneuter Versuch, sich der Pflicht zu entziehen,
wäre unverzeihlich.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261