Sie reden wieder – und demnächst sogar
miteinander. Israelis und Palästinenser wollen nach drei Jahren Pause
in der kommenden Woche wieder in den seit Jahrzehnten geübten, aber
letztlich stets erfolglosen Friedensprozess eintreten. Am Anfang
stehen Vorgespräche, im Herbst soll es zur Sache gehen. Ausgang:
völlig ungewiss. Dennoch ist US-Außenminister John Kerry ein
diplomatischer Erfolg beschieden. US-Präsident Barack Obama hatte in
seiner ersten Amtszeit im Nahen Osten, der vom arabischen Frühling
durcheinandergwirbelt wurde, nichts erreicht. Das ändert sich jetzt.
Die Unterhändler auf palästinensischer und israelischer Seite
scheinen mit dem erfahrenen Saeb Erekat und der nicht minder
tüchtigen Zipi Livni festzustehen. Nach palästinensischen Angaben
soll es zunächst um die Grenzen und Sicherheitsfragen gehen. Zugleich
wird bekannt, dass Häftlinge freigelassen werden sollen,
möglicherweise sogar ein inoffizieller Siedlungsstopp für die Dauer
der Gespräche praktiziert wird. Jetzt kommt also ein Neuanfang unter
veränderten Voraussetzungen, die die eigentliche treibende Kraft zu
sein scheinen.
– Die Macht des Faktischen zeigt: Israel hat die 20 verlorenen
Jahre seit Abschluss des an sich so aussichtsreichen
Oslo-Abkommens genutzt. Die Palästinenser hatten dagegen die
schlechteren Karten – Spaltung, fortschreitende Zersplitterung
des Westjordanlandes durch israelische Siedler und Verelendung
im Gazastreifen.
– Der neue Aufbruch bürgerlichen Denkens von Tunesien über Ägypten
bis zur Katastrophe in Syrien hat alle Visionen von der Einheit
der arabischen Massen auf den Müll der Geschichte befördert. Die
terroristische Hamas ist entzaubert, auch Israels Orthodoxe
waren schon einflussreicher.
– Die Welt zeigt Israel inzwischen die kalte Schulter, wenn es
sich für etwas Besseres als die Palästinenser hält. Selbst
Freunde wie Deutschland gestalten ihre
Entwicklungszusammenarbeit differenzierter. Sie verhandeln stets
mit Israelis und Palästinenser, gern holen sie noch ein
arabisches Land mit ins Boot.
Es gibt also reichlich Gründe, die längst nicht mehr so bequemen
Zeiten der Konfrontation zu beenden. Wichtig wäre allerdings auch ein
Zeichen der sich entwickelnden Zivilgesellschaften in allen
Landstrichen zwischen Jordan und Mittelmeerküste. Vielleicht braucht
es so eine Art Tahrir- oder Taksimplatz, auf dem sich die Stimme der
Vernunft artikuliert. Die Crux: In Tel Aviv ist das vorstellbar, in
Ramallah selbstmörderisch. Deutschland und die Europäische Union
können den Friedensprozess fördern, indem sie ihren Kurs der
austarierten Gegenseitigkeit auf allen Gebieten fortentwickeln. Allen
Bremsern und Saboteuren der kommenden Gespräche können wir
signalisieren: Raus aus den Schützengräben, Frieden und Wohlstand
haben in eurer Region eine neue Chance.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261
Weitere Informationen unter:
http://