Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Streiks

In Deutschland wird wieder gestreikt. Wie schön!
Denn das Wiederaufleben des Rituals mit Trillerpfeifen und
Transparenten beweist: Die Wirtschaft kehrt zum Normalbetrieb zurück.
Während Gewerkschaften wie Unternehmen zu Zeiten der Krise auf die
Sicherung der Arbeitsplätze und damit den Erhalt des Fachwissens in
den Betrieben bedacht waren, geht es jetzt wieder ums Geld. Satte
sieben Prozent mehr fordert die Gewerkschaft für die ostdeutsche
Chemieindustrie, 6,5 Prozent für die Beschäftigten der Telekom. Das
ist natürlich illusorisch – aber Tarifverhandlungen funktionieren nun
einmal nach dem Prinzip des orientalischen Basars. Am Ende wird wohl
in jenen Branchen, in denen es wieder brummt, mindestens eine Drei
vor dem Komma stehen. Das wäre angesichts der anziehenden Inflation
weder überzogen noch ungerecht. Jede Tariferhöhung setzt die
Unternehmen aber auch unter Druck, ihre Produktivität weiter zu
erhöhen. Die Arbeit wird noch dichter, jeder Einzelne muss noch mehr
leisten. Das muss auch denjenigen klar sein, die jetzt wieder auf
Trillerpfeifen und Transparente setzen.

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