VW-Skandal? Ja, aber nicht nur. Was sich daraus 
entwickelt hat, ist nicht wirklich zu verstehen.  Wie die Arme eines 
Kraken umschlingen die  zu verurteilenden Manipulationen von 
Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen des Konzerns nach und nach die 
gesamte Autoindustrie, den Industriestandort Deutschland samt dem 
Qualitätssiegel »Made in Germany« und inzwischen auch die Politik – 
in Deutschland und auf europäischer Ebene. Nicht einmal Auswirkungen 
auf die globale Wirtschaft sind  mehr auszuschließen. Eine  
Entwicklung, die mit Logik   kaum zu erklären ist. Denn anders als in
der Vergangenheit bei anderen Herstellern geht es bei VW nicht um  
Bauteile, die die Sicherheit  beeinflussen.  Erinnert sei in diesem 
Zusammenhang nur an die schadhaften Brems- und Gaspedale bei 
Toyota-Fahrzeugen, an fehlerhafte Aufhängungen von 
Fiat-Chrysler-Autos und die Zündschlossprobleme bei Modellen von 
General Motors. Viele Millionen Wagen mussten in die Werkstätten, 
weil sich die festgestellten Mängel nachweislich auf die Sicherheit 
auswirkten und es viele Unfälle mit weit mehr als 100 Toten und einer
nicht genau bekannten Zahl von Verletzten gab. Ja, auch in 
Deutschland wurde darüber berichtet, auch hierzulande mussten Autos 
nachgebessert werden. Doch   eine Hysterie wie jetzt, die hat es zu 
keiner Zeit gegeben. Dabei geht es bei den festgestellten  
Verfehlungen nach wie vor lediglich um technische Eingriffe, um den 
Ausstoß an Stickoxiden bei Testläufen zu schönen. Zweifelsohne  
illegal – aber keinesfalls lebensgefährlich. Unbestritten ist, dass 
die Emissionen    nicht gesundheitsfördernd sind. Das gilt für die 
Stickoxide  ebenso wie für Kohlendioxid  (CO2),  das vor allem bei  
Benzinmotoren auftritt. Stickoxide sind eher das Problem der 
Dieselmotoren, die inzwischen aber aufgrund von technisch 
weiterentwickelten Katalysatoren und Harnstoffeinspritzung  die  
Werte für die EU 6-Norm erfüllen – auf dem Prüfstand, auf dem 
EU 5-Motoren des VW-Konzerns scheinbar nur mit der illegalen 
Software unter den erforderlichen Grenzwerten bleiben konnten. Ob bei
wirklich allen elf Millionen ausgelieferten Dieselmotoren die 
Software aktiv war, ist nicht klar – aber  unerheblich. Sie müssen 
nachgebessert werden. VW hat das bereits angekündigt. Somit sollten 
sich die Gemüter eigentlich beruhigen. Tun sie aber nicht. Eher im 
Gegenteil. Regierungen fordern Schadensersatz, VW-Manager müssen sich
vor der EU-Kommission rechtfertigen,  und deutsche Politiker haben 
dem – meist aus Unwissenheit – nichts entgegenzusetzen, schlagen  
noch mit drauf.   Nicht nur die  500 000 Beschäftigten des 
Konzerns, die   300 000 Mitarbeiter bei Zulieferern,  
Abertausende  im Handel und   viele nicht direkt Betroffene  fragen 
sich, weshalb diese Sau derzeit mit so großem Geschrei durchs Dorf 
getrieben wird. Ist Deutschland vielleicht als Wirtschaftsmacht zu 
stark, als politische Kraft zu gewichtig geworden?
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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