Die anhaltenden gewalttätigen Proteste in der
arabischen Welt, nicht in Deutschland, zeigen: Mit Religion und
Fanatismus verhält es sich wie mit Patriotismus und Nationalismus.
Denn: Patriotismus ist offen, integrierend, gesprächsbereit und
dennoch verlangend, Nationalismus grenzt aus, ist ablehnend, überhöht
sich selbst und ist deshalb auch näher an der Gewaltbereitschaft. Das
lehrt Europas Geschichte. Kaum anders ist es mit dem aktuellen
religiösen Fanatismus. Er instrumentalisiert Gefühle. Die menschliche
Verantwortung vor dem Schöpfergott wird in einen Marschbefehl mit
Gewaltanwendung umfunktioniert. Nun gibt es in der Tat diese
Gewaltbefehle im Koran, was die Instrumentalisierung dieser Religion
erleichtert – vor allem, wenn der gläubige Muslim keine aufklärende
Bildung genossen hat. Das ist das Problem in vielen Ländern des
islamischen Krisengürtels: Die Bildungssysteme halten mit der
demographischen Explosion nicht Schritt. Jahrzehntelang ist die Masse
der Ungebildeten gewachsen und die meisten jungen Leute verfielen den
dumpfen Parolen der Hetzer in Moscheen und Koranschulen. In diesen
Schulen lernten sie Wut und das Trauma der Verschwörung, wonach der
Westen dem Islam böse gesonnen sei. Ein Ventil ist heute die Straße.
Wenn die Wut massenhaft auftritt und im Hintergrund auch noch mit
Geld aus Saudi-Arabien und Katar finanziert wird, entsteht das Bild
einer aufgebrachten islamischen Welt. Dabei sind es nur einige
Prozente. Die große Mehrheit der Muslime will in Ruhe leben und
überleben. Man sieht nur die Wutmuslime, die Gutmenschen des Islam,
die für islamische Verhältnisse politisch korrekt ihren Propheten
gegen ein Video verteidigen. Und der Westen duckt sich, beschimpft
das Video, zeigt Verständnis für die Wut – statt die Regierungen in
diesen Ländern an ihre Schutzpflichten oder die Menschenrechte zu
erinnern. Der Tugendterror der Wutmuslime – so bezeichnet die mutige
Muslima Necla Kelek die Empörungswellen in der islamischen Welt.
Gleichzeitig werden in derselben islamischen Welt Christen verfolgt
und vertrieben – und kaum jemanden in der freien Welt scheint das zu
kümmern. Natürlich gibt es Organisationen wie »Open Doors« oder das
päpstlich Hilfswerk »Kirche in Not«, die den verfolgten Christen
helfen, aber den Gegensatz in den Medien zwischen dem weltweit
verbreiteten Tugendterror von Muslimen und dem ebenfalls weltweit
kaum beachteten tödlichen Terror auch von Muslimen können sie nicht
auflösen. Sie arbeiten im Stillen und das macht auch ihre Wirksamkeit
aus, der Tugendterror arbeitet lärmend, und auch das macht seine
Wirkung aus. Verstörend in diesem absurden Theater ist, dass ein
Schmähblatt wie »Charlie Hebdo« oder die Spötter von »Titanic« sich
als Verteidiger westlicher Werte aufschwingen. Wo sind Vernunft, Sinn
und Verstand geblieben – auch in Europa?
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Andreas Kolesch
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