Na, wenn das nichts wird. Die Stimmung in der
Union scheint bestens. Die Kanzlerin lacht herzlich über FDP-Witze
aus der »Heute-Show«. Horst Seehofer will nur noch schnurren wie ein
Kätzchen. Und Nicki Laudas Rennfahrerschmäh – »Erst ging ihm die
Straße und dann das Talent aus« – inspiriert Volker Kauder zum
Sozen-Spott: »Erst hatte die SPD Pech – und dann kam Peer Steinbrück
noch dazu.« Dabei senkt sich die Zielflagge zum dritten und
entscheidenden Mal erst bei der Bundestagswahl am 22. September 2013.
Die christ-liberale Koalition schafft bei der Sonntagsfrage derzeit
keine eigene Mehrheit, auch wenn der CDU-Wert an die 40 Prozent
reicht. Außerdem ist die Wiederwahl von David McAllister zum
Ministerpräsidenten von Niedersachsen alles andere als sicher. Der
liberale Koalitionspartner kreucht in Umfragen noch unterhalb der
Fünf-Prozent-Hürde. Wer allerdings erwartet hätte, dass sich die CDU
bei ihrem Bundesparteitag die Türchen nach möglichst vielen Seiten
offen hält, der sah sich getäuscht. Im Gegenteil. Die Union setzt auf
Abgrenzung. Schwarz-Grüne-Gedankenspiele galten in Hannover als
unanständig. Die FDP wurde mitleidig erwähnt und zu mehr
Anstrengungen um den Wähler ermahnt. Die SPD – im Zweifelsfall
Partner in einer Vernunftehe – wurde von Seehofer unter dem Jubel der
Delegierten zum Kandidatenwahlverein heruntergestuft. Bei einer
Direktwahl des Kanzlers läge Merkel derzeit mit 50 Prozent klar vor
Peer Steinbrück (26 Prozent). Insofern gibt es nichts zu moppern.
Vielmehr muss Merkel jetzt die Beschlüsse ihres Konvents in die
Tagespolitik einbringen. Dort aber hat sowohl die Flexi-Quote für
Frauen auf Führungsetagen noch die Mehrbelastung durch bessere
Mütterrenten keine Chance. Auch die mit einem »kubanischen Ergebnis«
gezierte CDU-Chefin kommt nicht am Nein der FDP zur Lohnuntergrenze
vorbei. Die Sache lässt sich nicht einmal mit dem besonderen Wunsch
der Liberalen verrechnen, die gleiche Steuervorteile für homosexuelle
Paare wie für Eheleute wollen. Dagegen stehen die Grundwerte der
Partei, die in Hannover häufig zur Sprache längst nicht immer zum
Tragen kamen. Ja, die CDU akzeptiert den anhaltenden Werteverfall,
indem sie die »Christdemokraten für das Leben« (CDL) ein um das
andere mal abblitzen lässt. Sie folgt längst nicht allen
ordnungspolitischen Maßgaben oder wirtschaftspolitischen Leitideen.
Merkel blendet das aus und fordert stattdessen, eine Volkspartei
müsse für alle eine Lösung anbieten. Das ist aber fast unmöglich und
erhöht den Zwang zur Beliebigkeit in den Themen und zur Enttäuschung
widerstreitender Strömungen im Innern. Ganz klar, Merkels hochgelobte
Führungsstärke ist auch flottes Hinweggehen über tiefergehende
Probleme. Ihr Versuch, möglichst viele mitzunehmen, führt dazu, dass
andere auf der Strecke bleiben. Die Modernisierung der CDU ist nicht
ohne Risiken.
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