Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Commerzbank

God bless you, Mister Blessing! Angesichts der
zu diesem Zeitpunkt und in dieser Größenordnung unerwarteten
Rückzahlung von 14,3 Milliarden Euro Staatshilfen hat sich der
Commerzbank-Chef den Dank- und Segenswunsch verdient. Mit der Aktion
entlastet er nicht nur, wenn auch indirekt, die Staatskasse. Er sorgt
ebenso dafür, dass das durch Fehlentscheidungen und Boniforderungen
arg gebeutelte Image der Finanzbranche wieder ein bisschen aufpoliert
wird. Martin Blessing handelt nicht nur uneigennützig. Das Gerede von
der Staatsbank, die sich ihre Angebote vom Steuerzahler
subventionieren lasse, muss einen überzeugten Privatbanker treffen –
ganz abgesehen von der staatlich verfügten Deckelung seines
Jahresgehaltes und das der anderen Vorstandsmitglieder auf gerade mal
500 000 Euro. Zum Vergleich: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann
kassierte im vergangenen Jahr 8,8 Millionen Euro. Ein bisschen
getrübt wird die gute Aktion, weil die Commerzbank zweimal die
Zahlung von Zinsen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für den
Staatskredit umgangen hat. Immerhin fließt als Ergebnis der
Verhandlungen mit der Soffin im Zuge der Entstaatlichung nun doch
eine Milliarde Euro zurück. Davon geht zwar kein Cent an den
Bundeshaushalt. Trotzdem lässt die Reduzierung der Risiken den
deutschen Steuerzahler besser schlafen. Einen Teil der Rückzahlung
bürdet Blessing den Aktionären auf, da der Wert ihrer Papiere durch
die Mega-Kapitalerhöhung um elf Milliarden Euro verwässert wird.
Angesichts des Schadens, der ihnen bei Nichteingreifen des Staates
entstanden wäre, sollten sich die Anteilseigner aber nicht allzu
grämen. Auch nach der Kapitalerhöhung wird der deutsche Staat noch
mit mindestens 25 Prozent an der Commerzbank AG beteiligt sein.
Dieser Anteil muss zurückgeführt werden. Denn der Staat soll die
Finanzbranche überwachen, nicht aber an einem oder mehreren
Instituten selbst beteiligt sein. Es ist am Bundesfinanzminister, die
Aktien zügig an der Börse zu platzieren – aber nicht überstürzt. Denn
Letzteres könnte die Einnahmen empfindlich schmälern. Mit dem
Befreiungsschlag der Commerzbank hat die Finanzbranche nicht alle
Aufgaben erfüllt. Denn außer an der gelben Bank ist die Soffin auch
an der Hypo Real Estate, der West-LB und – in kleinerem Maße – an der
Aareal Bank beteiligt. Zudem sind die Rettungsschirme über IKB,
Bayern-LB, HSH Nordbank und andere Institute noch immer gespannt.
Vielleicht kann mit dem Schwung, den die Commerzbank-Rückzahlung
auslöst, auch die eine oder andere Herkulesaufgabe schneller gelöst
werden. Eine Gefahr birgt die Rückzahlung aber doch: Dass sich die
Politik zurücklehnt und die angedachten Schritte zur Vermeidung einer
neuen Finanzkrise hintanstellt. Dazu zählt inzwischen an oberster
Stelle die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

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Andreas Kolesch
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