Griechenland könnte nun doch pleitegehen. An
neuen Rettungspaketen für die Banken und einer Umschuldung
Griechenlands führe kein Weg mehr vorbei, meinen heute viele
Politiker und Banker. Besonders die französischen Kreditinstitute
sind besorgt: Sie haben den Griechen viel Geld geliehen und
befürchten große Verluste, sollte es zu einer harten Umschuldung
Griechenlands kommen. Frankreich hat daher eine von Deutschland
geforderte größere Umschuldung Griechenlands bislang abgelehnt und
Gelder von der Europäischen Zentralbank für die Staats- und
Bankenhilfen gefordert. Kanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident
Nicolas Sarkozy kündigen ein »Gesamtpaket« an, um die Finanzkrise zu
entschärfen, die Banken zu stärker und zugleich den Steuerzahler
nicht weiter zu belasten. Doch hier sucht jeder zunächst seinen
Vorteil: Die Banken wollen möglichst wenig verlieren, und die
Steuerzahler wollen nicht wieder zur Kasse gebeten werden. Wie der
angekündigte Kompromiss jedoch aussieht, haben Merkel und Sarkozy
leider nicht verkündet. Schon zweifelt Finanzminister Wolfgang
Schäuble daran, dass die Griechen ihre gigantische Schuldenlast
stemmen können. Eine harte Umschuldung Griechenlands wäre eine
vernünftige Lösung, doch ohne Staatshilfe könnte sie einige Banken in
den Ruin treiben. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso
befürchtet bereits die Zuspitzung der Krise: Der Zusammenbruch
einiger Banken könnte einen Flächenbrand auslösen. Folgt man der
Kanzlerin, sollten sich die Banken zunächst selbst um Geldgeber
bemühen. Im Notfall müssten dann die Nationalstaaten einspringen; und
erst dann dürfe der Rettungsschirm ESFS beansprucht werden. Angela
Merkel wäre höchstens bereit, den Franzosen beim Rettungsfonds
entgegenzukommen – aber nur, wenn Frankreich einer teilweisen
Abschreibung der griechischen Schulden zustimmt. Ein Kompromiss muss
her, denn wer soll für die Bankenrettung zahlen – die Finanzinstitute
oder der Steuerzahler? Während die kleinen Leute in den USA die Wall
Street besetzen und gegen die Gier der Banken protestieren,
jonglieren europäische Politiker weiter mit Szenarien, die
letztendlich den Steuerzahler belasten. Verständlich, dass jetzt auch
die Bundesregierung – trotz der »Kanzlermehrheit« – an die Grenzen
ihrer Flexibilität stößt. Doch auch das versprochene »Gesamtpaket«
wäre nur eine Zwischenlösung: Europa braucht endlich starke
Institutionen, um seine Autorität in Finanz- und Wirtschaftsfragen
zentral durchzusetzen. Europa muss eine Institution schaffen, die
Länder kontrollieren und bestrafen kann, die sich nicht an die
Auflagen halten. Es wird höchste Zeit, dass die Staaten ihre
Souveränität über die Haushalte teilweise abgeben. Mehr Europa – und
weniger Kleinstaaterei – heißt die Lehre aus dem aktuellen Dilemma.
Dann hätte die heutige Krise wenigstens ein einziges positives
Ergebnis.
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