Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur FDP

Es bleibt dabei: Vier Wochen vor der wichtigen
Landtagswahl in Niedersachsen müsste die FDP eigentlich unter
Sonstige geführt werden. In aktuellen Meinungsumfragen kommen die
Liberalen gerade mal auf drei bis vier Prozent – der schlechteste
Wert seit vier Monaten. Doch es gibt Hoffnung, den Machterhalt sowohl
für den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, als
auch für die FDP zu sichern: die Leihstimme. Eine groß angelegte
Zweitstimmen-Kampagne wird es offiziell zwar nicht geben. Zumindest
nicht initiiert von der CDU, wie es 1994 bei der Wiederwahl Helmut
Kohls auf Bundesebene der Fall war. Die Christdemokraten sind viel zu
sehr auf jede eigene Stimme angewiesen. Am Ende ist der Partei der
Rock näher als das Hemd. Aber hinter den Kulissen wird trotz aller
Dementi bereits über eine Zweitstimmenaktion – in einer Lightversion
– nachgedacht, um die FDP zu retten. Lightversion heißt: Je näher der
Wahltermin rückt und je geringer die Mehrheitsoption für Schwarz-Gelb
ist, desto mehr Geschenke wird der große seinem kleinen Partner ein
paar Tage nach Weihnachten machen. Hübsch verpackt werden die
Präsente zum Beispiel in Wahlkampfreden. Allein die Bundeskanzlerin
hat bei ihren sieben Auftritten in Niedersachsen reichlich
Gelegenheit, die FDP zumindest nicht unerwähnt zu lassen. Der
Kanzlerin und auch David McAllister kommt die Diskussion über
Leihstimmen entgegen. Während alle Spitzenpolitiker offiziell nichts
davon wissen wollen, steigt das Bewusstsein der Wähler, die FDP beim
Kreuzchen Nummer zwei nicht zu vergessen. Auch wenn es nur eine
Landtagswahl ist: Für Angela Merkel und die CDU steht gleich zu
Beginn des Jahres sehr viel auf dem Spiel. Nach Hamburg,
Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein läuft die Partei Gefahr, das
vierte Bundesland seit Anfang 2011 zu verlieren. Niedersachsen gilt
auch deshalb als Testwahl, weil es auf Bundesebene eine ähnliche
Konstellation gibt: Die CDU ist eindeutig stärkste Kraft, steht aber
quasi ohne Koalitionspartner da. Für FDP-Chef Philipp Rösler wäre ein
Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde eine Katastrophe: Gehen die
Liberalen auch in seiner Heimat baden, ist er als Parteichef wohl
kaum noch zu halten. Am 4. Januar startet der Bundesvorstand der CDU
mit einer Klausurtagung in Wilhelmshaven ins Wahljahr. Ein Hauptthema
soll die Stabilisierung der guten wirtschaftlichen Lage in
Deutschland sein. Über die Stabilisierung der FDP in Niedersachsen
soll nicht offiziell gesprochen werden. Aber das Thema wird in den
nächsten Tagen zunehmend stärker diskutiert werden – auch in
Wilhelmshaven. Denn die Leihstimmen sind so etwas wie der letzte
Strohhalm – für die FDP und ein wenig auch für David McAllister.

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