Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Münchener Sicherheitskonferenz

Die Münchener Sicherheitskonferenz bietet eine
große Chance zur diplomatischen Kommunikation. Wenn Botschafter auf
Regierungsmitglieder, Generäle, Wissenschaftler und
Wirtschaftsvertreter treffen, wird Außenpolitik neu definiert. Dieses
Jahr stand Ägypten oben auf der Tagesordnung – gefolgt von
Afghanistan, Iran, Cyber-Sicherheit, der Wirtschaftskrise und den
Beziehungen zwischen Russland und der Nato. Fast gab es einen Eklat,
als der US-Sonderbeauftragte für Ägypten behauptete, Mubarak müsse
»im Amt bleiben, um den Wandel zu steuern.« Vertreter politischer
Denkfabriken widersprachen: Das Regime in Kairo sei weder gewillt
noch interessiert, einen Wandel mitzutragen oder zu gestalten. Die
US-Regierung ließ schnell verlauten, ihr Sonderbeauftragter habe nur
als »Privatperson« argumentiert. Doch der Zwischenfall blieb
peinlich: Viele Konferenzteilnehmer kritisieren den Zickzack-Kurs der
US-Regierung in der Ägyptenfrage. Immerhin hat Präsident Obama 2009
in Kairo von Freiheit und Menschenrechten gesprochen; jetzt zögert
er, Mubaraks Rücktritt zu fordern und eine Art Marschallplan für
Ägypten zu versprechen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Außenminister Guido Westerwelle schaffen es nicht, die Demonstranten
in Kairo zu ermutigen. Der Westen zögert und bleibt defensiv.
Immerhin wollen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen den Afghanistan-Einsatz
möglichst schnell beenden. Guttenberg verlangte von den Afghanen mehr
Beiträge zur Stabilisierung ihres Landes. Es sei jetzt an den
Afghanen, »die Zukunft selbst in die Hände zu nehmen«. Guttenberg und
Rasmussen erinnerten auch an den Wert der transatlantischen
Partnerschaft: Europa dürfe sicherheitspolitisch nicht von den USA
abdriften, sonst könnten sich die USA »nach anderen zuverlässigen
Verteidigungspartnern umsehen.« Das Iran-Problem bleibt nach der
Konferenz heikel. Voriges Jahr hatte US-Senator Joseph Lieberman in
der Atom-Frage noch mit Krieg gedroht. Inzwischen sind die jüngsten
Atomverhandlungen mit dem Iran gescheitert, in München sperrten sich
die Russen gegen härtere UN-Sanktionen. Keiner weiß weiter.
Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier und US-Staatssekretärin
Ellen Tauscher kritisierten die Hinhaltetaktik des Iran. Steinmeier
erinnerte an Ägypten und die Massenproteste im Iran im vergangenen
Jahr. Die jungen Iraner werden »nicht zusehen, wie sich die Welt um
sie herum verändert.« War die Münchener Konferenz ein Erfolg? Einige
Themen kamen voran: die Nato-Frage, Afghanistan, bedingt auch
Ägypten; andere Themen blieben stecken – etwa Iran. Das wahre
Ergebnis wird erst sichtbar, wenn die Diskussionen in harte
Außenpolitik umgesetzt werden. Sollte der Westen dann zu Kooperation
und Koordinierung finden, hätte die Konferenz ihren Zweck erfüllt.

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