Bei »begründetem öffentlichem Interesse« lässt
sich laut Pressekodex die Nennung der Nationalität eines Straftäters
oder Verdächtigen rechtfertigen. Mit dieser Formulierung in der
Richtlinie 12.1 hat der Deutsche Presserat 2017 versucht, ein
Problem zu bewältigen, das seit der Kölner Silvesternacht 2015/16
größer geworden war: Bei einem Teil der Bevölkerung hatten
Zeitungen, Radio-, Fernsehsender und Onlineportale an Vertrauen
verloren. Diese waren in den Verdacht geraten, eine vermutete
Wahrheit vor allem über Flüchtlinge zu verschweigen. Was aber ist
»begründetes öffentliches Interesse«? Diese neue – zwar
problembewusstere, aber weiter unklare – Formulierung hat das
Problem nicht gelöst. Ein Teil des Publikums bemängelt, bevormundet
zu werden, wenn Behörden oder Medien durch Nichtnennung
versuchen, diskriminierender Verallgemeinerung vorzubeugen. Dass
die Polizei in NRW auf Transparenz setzt, erhöht den Druck auf den
Presserat: Die Polizeimitteilungen werden im Netz zu finden sein –
da ergibt das Verschweigen anderswo kaum noch Sinn.
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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