Wenn es das Saarland als Bundesland nicht gäbe,
würde es niemand vermissen – außer den Saarländern vielleicht. Doch
die überfällige Fusion mit Rheinland-Pfalz, über die schon seit
Jahrzehnten diskutiert wird, dürfte eine Utopie bleiben. Das sind
einfach viel zu viele gut dotierte Posten, die dann wegfallen würden.
Also muss im Saarland alle fünf Jahre ein neuer Landtag gewählt
werden. Das erregt im Normalfall kein großes öffentliches Interesse.
Warum auch – schon bei der Oberbürgermeisterwahl in Köln sind mehr
Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. Doch dieses Jahr ist
nicht der Normalfall. Dieses Jahr ist »Superwahljahr«.
Schauen wir folglich genauer hin und halten fest: Ein Gradmesser
kann diese Wahl auch 2017 nicht sein. Zu klein das Land, zu speziell
die politischen Verhältnisse mit einer am Bund gemessen
überproportional starken Linkspartei. Letzteres allerdings lädt diese
Wahl in besonderer Weise auf. Sollte die 40-jährige SPD-Frau Anke
Rehlinger Ministerpräsidentin ausgerechnet von Oskar Lafontaines
Gnaden werden, hätte das hohe Symbolkraft.
Mit Rot-Rot an der Saar würde aus dem »Schulz-Effekt«, von dem
alle bisher nur reden, ein erster messbarer, noch dazu bis vor kurzem
für vollkommen unmöglich gehaltener Sieg. Zudem würde die Kluft
zwischen der Linkspartei und der SPD, für die niemand so steht wie
Lafontaine, ein ganzes Stück kleiner. Und nicht nur
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz weiß: Nichts nährt den Erfolg mehr
als der Erfolg.
Dagegen steht die amtierende CDU-Ministerpräsidentin Annegret
Kramp-Karrenbauer, die ihr Land ähnlich unaufgeregt regiert wie
Angela Merkel die Republik. Große Symbolkraft auch hier: Die
Saarländerin gilt als eine Zukunftshoffnung der personell nicht
gerade auf Rosen gebetteten CDU.
Hinzu kommt: Die Partei braucht ihren Sieg schon deshalb, da bei
den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wenig zu
holen sein dürfte. Eine Pleite im Saarland dagegen würde die längst
spürbare Nervosität in Reihen der Union noch deutlich steigern. Und
den innerparteilichen Druck auf Merkel auch. Ihre zur Schau gestellte
Gelassenheit ist schon jetzt in der CDU/CSU höchst umstritten.
Viel könnte am Ende davon abhängen, wie die AfD abschneidet, mit
der auch im Saarland niemand zusammen arbeiten will. Zuletzt wurde
die Partei zwischen sechs und sieben Prozent taxiert. Die Frage
lautet: Wird sie damit wieder unterschätzt? Das war zuletzt bei
mehreren Landtagswahlen insbesondere in den westlichen Bundesländern
so. Eine Erklärung: Offenbar will sich nicht jeder, der AfD wählt,
auch in einer Umfrage dazu bekennen.
Sonntagabend wissen wir mehr. Dann tritt auch der
Bundestagswahlkampf 2017 in eine neue Phase – egal, wie es im kleinen
Saarland ausgeht.
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Andreas Kolesch
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