Malu Dreyer, Michael Müller, Ralf Stegner: Dass
es ausgerechnet führende Köpfe der SPD sind, die das
Sondierungsergebnis in Zweifel ziehen, muss einen sprachlos machen.
Wie bitte soll erst der Parteitag und dann – noch mal um Längen
schwieriger – die eigene Basis am Ende möglicher
Koalitionsverhandlungen überzeugt werden, wenn schon die, die
selbst an den Sondierungsgesprächen beteiligt waren, nun nicht
zufrieden sind und lauthals Nachbesserungen fordern.
Nur sozialdemokratische Träumer konnten glauben, dass man mit
einem 20-Prozent-Ergebnis 100 Prozent des eigenen Wahlprogramms
durchsetzt. So generös kann noch nicht einmal Angela Merkel sein –
dazu steht die geschäftsführende Kanzlerin gerade viel zu sehr
unter Druck. Und für Geschenke geht es CDU und CSU selbst viel zu
schlecht. Das ist ja gerade der große Unterschied zu den
Koalitionsverhandlungen vor vier Jahren. 2013 konnte die Union aus
einer Position eigener Stärke heraus gönnerhaft gegenüber der SPD
auftreten und tat das ja auch – wenn auch sehr zum Ärger der eigenen
Anhängerschaft.
Rätselhaft bleibt auch, warum sich die SPD jetzt ausgerechnet an
der Bürgerversicherung verbeißt. Im Wahlkampf hatte das Thema kaum
eine Rolle gespielt. Stattdessen täten die Sozialdemokraten gut
daran, die Rückkehr zur paritätischen Beitragszahlung in der
gesetzlichen Krankenversicherung als ihren Erfolg zu feiern. Diese
Änderung versteht jeder und vor allem nützt sie auch vielen Menschen.
Martin Schulz ist wahrlich nicht zu beneiden. Gewiss, der
krachend gescheiterte Kanzlerkandidat und SPD-Vorsitzende hat eine
Fülle von Fehlern gemacht. Aber wer solche Parteifreunde hat,
braucht keine Feinde mehr. Schulz steht die schwerste Woche seiner
Amtszeit als SPD-Chef bevor – einer Partei, die einmal mehr nicht
zu wissen scheint, was sie will.
Neuwahlen jedoch sollten momentan besser nicht dazu gehören.
Denn dass dabei für die SPD mehr rausspringt, als sie jetzt in einer
Großen Koalition vor Augen hat, werden wohl nicht einmal Malu
Dreyer, Michael Müller oder Ralf Stegner behaupten.
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