Gut, dass in absehbarer Zeit nicht gewählt
wird. Zumindest geplante Wahlen stehen erst im Herbst an, wenn in
Bayern und in Hessen die Menschen an die Urnen gebeten werden. Welch
ein Glück für die SPD, könnte man denken – wenn da in Kürze nicht
eine noch viel wichtigere Wahl wäre, die sogar in einer Katastrophe
enden könnte. Im »ARD-Deutschlandtrend« ist die SPD auf 18 Prozent
gefallen. Das ist der schlechteste Wert der Partei, der in dieser
Umfrage jemals gemessen wurde. Im drittgrößten Bundesland
Baden-Württemberg ist die SPD nach einer Umfrage des Instituts
»Infratest dimap« sogar auf zwölf Prozent abgestürzt. Sie liegt
damit im Südwesten gleichauf mit der AfD. SPD-Chef Martin Schulz
erhält in der ZDF-»Politbarometer«-Liste der zehn wichtigsten
Politiker die bisher schlechteste Bewertung und kommt damit auf den
vorletzten Platz. Es ist kein Trost, dass nur CSU-Chef Horst
Seehofer noch schlechtere Umfragewerte erzielt hat. Am Sonntag,
spätestens Anfang nächster Woche, werden sich Union und SPD auf
einen Koalitionsvertrag einigen. Daran gibt es keinen Zweifel. Grund
zur Gelassenheit also für die SPD? Ganz im Gegenteil: Erst danach
beginnt das große Zittern für Martin Schulz und die gesamte
Parteiführung. Wenn die Mitglieder über den Eintritt der SPD in eine
neue Große Koalition entscheiden, ist keineswegs sicher, dass sie
mehrheitlich mit Ja stimmen werden. Sollte es so kommen, hätte
Deutschland zu Ostern eine neue Bundesregierung. Stimmen die meisten
der Delegierten aber mit Nein, wäre das das Ende einer Volkspartei
in ihrer bisherigen Form. Möglicherweise auch der Anfang einer ganz
neuen SPD mit neuen Gesichtern, darunter dem Juso-Vorsitzenden
Kevin Kühnert an der Spitze. Aber so weit ist es noch nicht. Fehlende
Schnelligkeit kann man den GroKo-Verhandlern nicht vorwerfen. Im
Eiltempo haben Union und SPD die angeblich wichtigsten Themen wie den
Familiennachzug, die Pflege, Rente und zuletzt die Bildung
durchgepeitscht und offenbar auch Einigung erzielt. Auch wenn Martin
Schulz das Gegenteil behauptet, dürften für viele SPD-Mitglieder in
den Sondierungsergebnissen bislang nur ganz wenige Argumente zu
finden sein, warum sie für statt gegen den Eintritt in die Große
Koalition stimmen sollten. Der GroKo-Plan muss für die Delegierten
stattdessen eher wie ein »Weiter so« wirken, in dem die Probleme
mit Milliardensummen zugeschüttet werden und die ohnehin geschwächte
SPD einzig und allein als Angela Merkels Steigbügelhalter gebraucht
wird. Ganz gleich wie die Basis entscheidet: Die Zerrissenheit dieser
Partei wird auch nach dem Mitgliedervotum nicht beseitigt sein. Und
Martin Schulz– Wortbrüche, sein Zick-Zack-Kurs und seine fehlende
Glaubwürdigkeit schon gar nicht.
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