Kaum hatte die Kanzlerin Deutschland verlassen,
tanzten gestern nicht nur kleine Mäuse auf dem Tisch. Angela Merkels
Atomausstieg ist bei aller Klarheit des Beschlusses ganz offenbar
noch nicht in trockenen Tüchern. Die Atomstromer drohen mit
Forderungen bis in Milliardenhöhe, die FDP schaltet um auf
Koalitionskrach. RWE-Chef Klaus Großmann sieht sich gegenüber Eon
benachteiligt, auch Vattenfall schmeckt der standortscharfe
Abschaltplan nicht. Insgeheim dürften sich die vier großen Versorger
einig sein, dass sie getrennte Klagewege beschreiten, um am Ende die
Berliner Aussteiger gemeinsam zu schlagen. Staatsrechtler halten das
Ruck-Zuck-Raus-Gesetz in der Tat für angreifbar. Außerdem:
Niederlagen von Regierenden vor deutschen Gerichten sind keine
Seltenheit. FDP-Chef Philipp Rösler hatte versprochen zu liefern und
steht mit leeren Händen da. Urplötzlich lebt die alte Streitkoalition
wieder auf. Auch wenn das 2010 geprägte Wort »Gurkentruppe« nicht
mehr verfügbar ist, sind neue Reibereien der Liberalen mit den Bayern
gewiss – und spielen der Atomlobby in die Hände.
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