Fußballanhänger haben wieder ihre hässliche
Fratze gezeigt. Englische und russische »Fans« terrorisierten eine
Stadt, verwandelten Stadiontribünen in ein Schlachtfeld und zeigten,
was ein Überschuss an Testosteron und ein Mangel an Intelligenz
bewirken können.
Eigentlich war man davon ausgegangen, dass man sich während der
Europameisterschaft in Frankreich eher Sorgen wegen islamistischen
Terrors machen muss. Ein riesiges Polizei- und Militäraufgebot ist
angetreten, um eine friedliche und unblutige Euro zu gewährleisten.
Und jetzt das.
Dabei ist gerade das Gewaltpotenzial der russischen Hooligans
bekannt. Gepaart mit dem aktuellen Drang der russischen Politik,
wieder Weltmacht zu spielen, ergibt sich eine brandgefährliche
Mischung. Doch im Land des Präsidenten Wladimir Putin werden
dererlei Auswüchse nicht erst seit dem Tag bagatellisiert, als die
Weltmeisterschaft 2018 nach Russland vergeben wurde.
Blanker Rassismus, öffentlich pöbelnd, grölend vorgetragen, und
Chauvinismus sind in der russischen Liga an der Spieltagesordnung.
Der russische Sportminister Witali Mutko aber, ein Meister der
Verdrängung, der schon die Dopingfakten marginalisiert hat, sagt
bloß: »Das gibt es nicht, fertig.«
Die Gefahr ist groß, dass die Leichtigkeit, die Freude am Fußball,
an den Spielen und den Gästen weiter leidet. Denn mit gut gelaunten
Gastgebern gewinnt jedes Turnier, das hat man auch bei der
Weltmeisterschaft 2006 gesehen. Dass DFB-Präsident Reinhard Grindel
seinen Verband auf mögliche Ausschreitungen durch deutsche Hooligans
gut vorbereitet sieht, verwundert kaum. Doch dass es auch im
deutschen Fußball ein Gewaltproblem gibt, kann selbst der ehemalige
ZDF-Redakteur nicht bestreiten – spätestens seit gestern nicht mehr.
Es wird während der EM noch einige Duelle geben, die politische
Brisanz haben. Und dass es auch dann wieder Idioten geben wird, die
eine Art Ersatzkrieg im Stadion führen wollen, kann keiner
bezweifeln. Gefordert sind jetzt auch die Spieler auf dem Platz. Mit
einem respektvollen Umgang können sie dazu beitragen, dass weitere
Eskalationen vielleicht verhindert werden können.
Ach ja: Die Grünen-Jugend Rheinland-Pfalz findet, Schwarz-Rot-Gold
und Fußball, das sei Nationalismus. Nein, das ist es ganz sicher
nicht. Zumindest nicht zwingend. Zugegeben – der Übergang von
Patriotismus zu Nationalismus oder Chauvinismus ist fließend. Doch
mit dem Schwenken der deutschen Fahne allein befindet man sich
definitiv nicht auf geschichtlich vermintem Gebiet. Schade, wenn
Begeisterung für das eigene Land so unter Generalverdacht gerät.
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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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