Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zu Homosexualität im Fußball

Deutsche Politiker haben sich geoutet, Sänger,
Maler, Schriftsteller, TV-Moderatoren, Modedesigner sowieso, Ende
letzten Jahres erklärte Diskuswerferin Nadine Müller: Ich habe meine
Freundin geheiratet. Gestern bekannte sich Thomas Hitzlsperger zu
seiner Homosexualität. Jetzt könnte man sagen: Na und? In einer
westlichen Demokratie dürfte es 2014 eigentlich doch kein Thema mehr
sein, welche sexuelle Präferenz ein Mensch hat. Leider ist es aber
nicht so. So riet Reinhard Rauball, Boss von Fußball-Erstligist
Borussia Dortmund und Chef der Vereinigung der Bundesligisten, noch
gestern aktiven Spielern davon ab, sich zu outen. Die Auswirkungen
seien mit Blick auf die enorme Öffentlichkeit im Profifußball weiter
nur schwer kalkulierbar. »In dieser Hinsicht tragen die Klubs als
Arbeitgeber eine außerordentliche Verantwortung«, erklärte der
Rechtsanwalt. Heißt übersetzt: Das Umfeld des populärsten Sportes in
Deutschland ist offen oder zumindest latent homophob. Der ehemalige
Präsident des Deutschen Fußballbundes, Theo Zwanziger, hat mehrfach
darauf hingewiesen. Wirklich geändert hat sich aber auch in dessen
Dienstzeit nichts. Also werden weiter viele Profisportler, ähnlich
ist es auch in anderen so genannten männlichen Sportarten, in einer
Parallelwelt leben, sich Freundinnen oder gar Ehefrauen zulegen, um
den Schein zu wahren. Manche sind daran zugrunde gegangen. Spannend
wird es jetzt zu beobachten, wie nachhaltig dieses Thema
aufgearbeitet wird. Nach dem Selbstmord von Robert Enke – der
ehemalige Nationaltorwart glaubte, es sich im Kampfsport Fußball
nicht erlauben zu können, sich zu Depressionen bekennen zu können –
gab es Tränen, große Pläne, keine Auswirkungen. Regierungssprecher
Steffen Seibert erklärte gestern: »Wir leben in einem Land, in dem
niemand Angst haben sollte, sich zu seiner Sexualität zu bekennen.«
Deutschland habe auf diesem Gebiet im vergangenen Jahrzehnt »enorme
Fortschritte« gemacht. Deutschland vielleicht, der deutsche Fußball
nach Einschätzung einiger seiner Protagonisten nicht.

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