Barack Obama kommt fast auf den Tag genau 50 
Jahre nach John F. Kennedy in die deutsche Hauptstadt. Ein 
historisches Datum, das die Planer des ersten offiziellen 
Deutschlandbesuchs des amtierenden US-Präsidenten gewiss im Auge 
hatten. Es markiert die engen Bande der transatlantischen Partner, 
die Kennedy zwei Jahre nach dem Mauerbau mit dem Satz »Ich bin ein 
Berliner« in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Die 
symbolträchtige Terminwahl illustriert aber auch den Wandel, der sich
seitdem vollzog. Obama wird Deutschland ein halbes Jahrhundert später
vor dem Brandenburger Tor mit dem Status der »unverzichtbaren Nation«
adeln. Wie kein anderer US-Präsident seit JFK fasziniert der 
»schwarze Kennedy« die Deutschen. Seine Beliebtheitswerte hier liegen
mit fast 90 Prozent weltweit an der Spitze – trotz Guantanamo, 
Drohnen und NSA-Spähprogramm. Der Weltbürger im Weißen Haus 
verkörpert wie einst Kennedy ein modernes Amerika, das seine Macht 
umsichtiger gebraucht als unter dem wenig geliebten Säbelrassler 
George W. Bush. Seltsam kontrastiert damit – wie Transatlantiker 
eifersüchtig nachrechnen -, dass Obama viereinhalb Jahre auf seinen 
Besuch in Berlin warten ließ; so lange wie keiner seiner Vorgänger. 
Doch der Musterschüler von einst hat sich zur Vormacht Europas 
gemausert, die keine Streicheleinheiten mehr braucht. Das Verhältnis 
gleicht dem einer reifen Ehe. Es geht unaufgeregter, 
gleichberechtigter und mit eingespielter Aufgabenteilung zu. Jeder 
weiß um die Stärken und Schwächen des anderen. Obama ist ein 
Berliner, ohne es sagen zu müssen. Dem Schwenk nach Asien der ersten 
Amtszeit folgt nun die Rückbesinnung auf die Wertegemeinschaft mit 
Europa. Auch das symbolisiert der Besuch, bei dem Obama auf schnelle 
Verhandlungen eines transatlantischen Freihandelsabkommens drängen 
wird. Die Amerikaner sehen darin eine Art »Wirtschafts«-Nato, die als
Bollwerk gegen das aufstrebende China dienen kann. Washington sieht 
im Freihandel zudem ein Instrument, die Zentrifugalkräfte in Europa 
einzufangen; de Amerikaner haben Interesse an einer starken EU. Auch 
deshalb kommt Obama nach Berlin, dessen Bedeutung in der Euro-Krise 
gewachsen ist. Obama weiß, dass er die Kanzlerin dafür braucht. Ihr 
Verhältnis zueinander ist ohnehin besser als allgemein angenommen. In
einem »Time«-Interview sagte der Präsident 2012, er arbeite mit 
niemandem so eng zusammen wie mit Angela Merkel – nüchterne 
Realpolitikerin wie er selbst. Verglichen mit dem Nichtverhältnis 
zwischen Schröder und Bush, der Verachtung Schmidts für Carter oder 
dem Misstrauen Adenauers gegenüber Kennedy verstehen sich die beiden 
Kopfmenschen blendend. Ein halbes Jahrhundert nach dem Besuch JFKs 
braucht es diesmal keinen Treueschwur, sondern konkrete Lösungen für 
gemeinsame Probleme. Von schleppendem Wachstum und Euro-Krise über 
Syrien, Iran und Nordkorea bis hin zu Energiefragen und Datenschutz.
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