Es fällt schwer zu entscheiden, wer denn wohl
träger ist in Sachen Stromversorgung: die Anbieter oder die Kunden?
Auf der einen Seite stehen die vier Atomstromriesen Eon, RWE,
Vattenfall und EnBW, denen es mit dem bestehenden teuren System sehr
gut geht, und ein Geflecht aus mehr oder weniger abhängigen
Stadtwerken. Auf der anderen Seite steht eine meist sehr treue
Kundschaft. Nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen
zahlt etwa jeder zweite private Stromverbraucher aus freien Stücken
noch einen der oft besonders teuren Grundversorgungstarife. Nur etwa
jeder Dritte sei immerhin in einen anderen Tarif seines bisherigen
Stromanbieters gewechselt – und gar nur jeder fünfte Stromverbraucher
habe bislang den Weg zu einem völlig anderen Anbieter gefunden. Wenn
der Marktteilnehmer Kunde seine Macht jedoch nicht nutzt, wird sich
auch niemand anders finden, der an seiner Stelle die verkrusteten
Strukturen aufbricht. Dafür sind die Stromkonzerne oft zu stark mit
der Politik und den Kommunen verflochten. Insofern ist die
Auseinandersetzung darum, ob die um 1,5 Cent pro Kilowattstunde
erhöhte Erneuerbare-Energien-Umlage nun allein für den Preisanstieg
zum Jahreswechsel verantwortlich ist, ein Streit um des Kaisers Bart.
So lange es auf dem Stromsektor keinen funktionierenden Wettbewerb
gibt, wird der Preis höher sein als notwendig – egal, auf welchem
Niveau und egal, wie glaubwürdig die Begründung für eine Erhöhung
ist. Perspektivisch wichtiger ist die Frage, wofür die Gewinne der
Stromversorger eingesetzt werden. Die Deutsche Energieagentur mahnte
unlängst für 2011 den Neubau von mehr als hundert Kilometern
Stromtrassen an. Eine Netzstudie habe einen Bedarf von 850 Kilometern
neuer Netze bis 2015 ermittelt. Darüber hinaus gebe es wegen der
wachsenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2020 einen
Bedarf von bis zu 3600 Kilometern. Die Kosten für diesen weiteren
Ausbau könnten sich auf bis zu 22 Milliarden Euro belaufen. Aber: Der
Widerstand der Bürger gegen Höchstspannungsleitungen verzögere den
Netzausbau massiv. Und man könne nun einmal nicht alle fünf Kilometer
von den bei Anwohnern beliebteren Erdkabeln auf Freileitungen und
dann wieder auf Erdkabel wechseln. Was also wollen wir? Langfristig
billiger wird der Strom, den wir alle brauchen, angesichts solcher
Aufgaben ohnehin nicht. Wenn wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien
nicht über eine Strompreis-Umlage bezahlen wollen, werden wir ihn
über allgemeine Steuern bezahlen müssen. Was wir jetzt aber schon
erledigen können, ist der Wechsel zu einem Stromanbieter, der
transparent macht, in welche zukünftige Stromversorgung er
investiert.
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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