Das Schienennetz der Deutschen Bahn weist
schwerwiegende Mängel auf. Der Fahrgastverband Pro Bahn geht von 2000
Gefahrenstellen aus. Das berichtet das Bielefelder Westfalen-Blatt
(Samstags-Ausgabe). Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssten die
Züge an diesen Stellen ihr Tempo drosseln. Pro Bahn und der
Bahnlobbyverband Allianz pro Schiene haben den Bund deshalb
aufgefordert, dem Staatskonzern Bahn jährlich mindestens eine
Milliarde Euro mehr für Investitionen in das Schienennetz zur
Verfügung zu stellen. Vier Milliarden Euro im Jahr reichten nicht
aus, sagte Dr. Barbara Mauersberg, Sprecherin von Allianz pro Schiene
dem Westfalen-Blatt. Im Vergleich zu anderen Industrieländern Europas
gebe Deutschland zu wenig Geld für sein Schienennetz aus. Während
Spitzenreiter Schweiz 308 Euro pro Bürger in die Infrastruktur
investiere, gefolgt von Österreich mit 230, seien es in Deutschland
nur 53 Euro. Pro Bahn-Sprecher Matthias Oomen schätzt den
Investitionsstau beim Schienennetz auf 35 bis 36 Milliarden Euro. Dem
Bund wirft Oomen vor, aufgrund der Unterfinanzierung »das
Schienennetz mutwillig zu zerstören«. Die Bahn selbst sei nur noch
Mangelverwalter, wie das Beispiel der Strecke Dresden – Berlin zeige.
Derzeit betrage die Fahrzeit 129 Minuten. Bereits im Jahr 1937 seien
es nur 100 Minuten gewesen. Und selbst 1994 habe man nur 108 Minuten
benötigt. Oomen: »Trotz Milliardeninvestitionen in den
Tiergartentunnel und den Hauptbahnhof Berlin ist die Bahn heute
wesentlich langsamer als vor 18 Jahren«. Die Bahn selbst räumt im
jüngsten Netzzustandsbericht 1399 Infrastrukturmängel ein, die zu
einer reduzierten Geschwindigkeit führten. Verkehrsverbünde, wie
Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), halten die Zahlen aber nicht
repräsentativ. So würde die Bahn nur Langsamfahrstellen zählen, die
älter als sechs Monate seien. Auch große Beeinträchtigungen von zwei
bis drei Wochen durch Bauarbeiten sowie die Langsamfahrt an
Bahnübergängen würden nicht erfasst, sagte der Fahrplanexperte des
NWL, Thomas Blome, dem Westfalen-Blatt. Regionale
Infrastrukturberichte gebe es aber nur in NRW und im Verkehrsverbund
Berlin-Brandenburg. In NRW habe die Zahl der Langsamfahrstellen
zwischen 66 (Dezember 2010) und 131 (Juni 2010) gelegen. Bezogen auf
die Gleislänge seien es 50,7 Kilometer (0,7 Prozent) bis 145,8
Kilometer (2,1 Prozent). Mängel an Gleisanlagen hatten im Januar 2010
in Nordrhein-Westfalen zu zwei Güterzugunfällen in Neubeckum (Kreis
Warendorf) und Porta Westfalica-Vennebeck (Kreis Minden-Lübbecke)
geführt. In diesen beiden Fällen ermitteln die Staatsanwaltschaften
Münster und Bielefeld gegen neun Bahnbedienstete wegen gefährlichen
Eingriffs in den Bahnverkehr. Auch bei einem Güterzugunfall nahe des
Dorfes Schandelah in Niedersachsen am 28. Januar 2010 richtet sich
nach Angaben der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle der Fokus der
Ermittlungen auf fehlerhafte Gleisanlagen. Mängel an dem mit
Autoteilen beladenen Güterzug, der auf der Fahrt von Magdeburg nach
Braunschweig war, hätten sich nicht ergeben, sagte der Sprecher der
Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle, Moritz Huckebrink, der Zeitung.
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