Westfalen-Blatt: Gerry Weber: Eigentümerwechsel vollzogen – Altaktionäre enteignet

Der Eigentümerwechsel beim insolventen Modekonzern Gerry Weber
in Halle/Westfalen ist vollzogen: Die beiden Finanzinvestoren Robus Capital und
Whitebox Advisors halten nun sämtliche Anteile am Haller Unternehmen. Die
Altaktionäre sind endgültig enteignet. Das berichtet das in Bielefeld
erscheinende WESTFALEN-BLATT. Der Konzern soll an der Börse notiert bleiben,
der Aktienhandel ist aber bis auf Weiteres ausgesetzt.

Der im Juli verkündete Einstieg des englisch-deutschen Investors Robus und des
US-Hedgefonds Whitebox zu gleichen Teilen ist nach dem Inkrafttreten des
gerichtlich bestätigten Insolvenzplans nun umgesetzt worden. Die entsprechenden
Kapitalmaßnahmen sind am 31. Oktober im Handelsregister eingetragen worden.
Konkret wurden in einem ersten Schritt fast alle der 45,9 Millionen alten Aktien
zur Abdeckung von Verlusten eingezogen. Die faktische Enteignung der bisherigen
Eigentümer sei insolvenzrechtlich unausweichlich, weil nicht alle
Gläubigerforderungen zu 100 Prozent befriedigt werden können, teilte das
Unternehmen mit.

Um die Börsennotierung zu erhalten, wurden 8377 alte Anteile auf die neuen
Eigentümer übertragen, die zugleich im Zuge einer Kapitalerhöhung für 1,027
Millionen Euro neue Aktien erhalten haben und damit alle nun bestehenden 1,025
Millionen Anteile halten. Zudem erhält der Konzern von seinen Eignern einen
Betriebsmittelkredit von 15 Millionen Euro.

Darüber hinaus haben die Finanzinvestoren 31,2 Millionen Euro auf ein
Treuhandkonto des Sachwalters eingezahlt, die zur Gläubigerbefriedigung im
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingesetzt werden sollen. Erste Zahlungen
sollen die Gläubiger im Frühjahr 2020 erhalten. Wie berichtet ist zudem
vorgesehen, dass größere Gläubiger einen Teil ihrer Forderungen in verzinste
Anleihen wandeln und später auch in Aktien tauschen können.

Auch wenn Altaktionäre in ihren Depots noch Anteile sehen, sind diese wertlos
und existieren faktisch nicht mehr. Mit Umsetzung der Kapitalmaßnahmen ist zudem
der Börsenhandel ausgesetzt worden. Voraussetzung für eine Wiederaufnahme ist,
dass ein gewisser Teil der neuen Aktien in Umlauf kommt. Dazu laufen derzeit
Gespräche zwischen dem Konzern, den neuen Eigentümern und der Börse. Es gibt
zwei Optionen: entweder die Finanzinvestoren geben einen Teil ihrer Aktien in
den Handel oder es kommt durch eine weitere Kapitalerhöhung zur Ausgabe
zusätzlicher neuer Anteile.

»Priorität hat jetzt die Gesundung der Gesellschaft. Wir wollen dem Konzern eine
gute Zukunft ermöglichen«, sagt Benjamin Noisser, Geschäftsführer von Robus.
Der Finanzinvestor beteiligt sich in der Regel für drei bis fünf Jahre an
Firmen, ehe er sie weiterverkauft. Der neu zu besetzende Aufsichtsrat solle mit
Fachkompetenz ausgestattet werden, sagt Noisser. Das zwölfköpfige
Kontrollgremium, das zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzt wird, soll
noch dieses Jahr gewählt werden. Dazu werde eine Hauptversammlung abgehalten –
dann aber im ganz kleinen Kreis der neuen Aktionäre.

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Westfalen-Blatt
Oliver Horst
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