Westfalen-Blatt: Kommentar zur Tarifeinigung imöffentlichen Dienst der Länder

Ein Lohnplus von acht Prozent – das kann man
schon einen ordentlichen Schluck aus der Pulle nennen. Aber richtig
ist auch: Die rund eine Million Landesangestellten haben sich die
Gehaltszuwächse redlich verdient. Und obwohl der Tarifabschluss
neue Milliardenkosten für die Länder bedeutet, können diese ebenfalls
einen wichtigen Erfolg für sich verbuchen. Die ungewöhnlich lange
Laufzeit von 33 Monaten gibt der Arbeitgeberseite Planungssicherheit
– und den Bürgern übrigens auch: Streiks in Kitas, Schulen und
Verwaltungen wird es in den nächsten knapp drei Jahren nicht geben.

Unter dem Strich ist diese Einigung ein gutes Signal. Der kräftige
Lohnzuwachs stärkt die Funktionsfähigkeit des Staates, denn die
Arbeit von Lehrern, Erziehern, Polizisten und Pflegekräften ist für
das reibungslose Funktionieren unseres Gemeinwesens unverzichtbar.
Zugleich wird der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt, da
Berufsgruppen wie Krankenschwestern und -pfleger, Erzieherinnen und
Erzieher und Beschäftigte im Sozialdienst besonders profitieren.

Nicht ohne Grund war zuletzt immer wieder bemängelt wurden, dass
es ausgerechnet diese »wahren Leistungsträger der Gesellschaft« sind,
an denen der Aufschwung in weiten Teilen vorbeigeht. Auch die
Erhöhung der Bezüge um insgesamt mindestens 240 Euro ist als
Botschaft in diese Richtung zu verstehen. So profitieren die unteren
Lohngruppen im Zweifel sogar überproportional von dem, was die
Tarifpartner in Potsdam ausgehandelt haben.

Ohne Frage hat Verdi-Chef Frank Bsirske auf den letzten Metern
seiner Amtszeit einen großen Erfolg errungen – nicht zuletzt in
eigener Sache. Gewerkschaftliches Engagement kann sich immer noch
richtig lohnen – auch das ist eine Erkenntnis dieser Tarifrunde.
Schon drängen die Arbeitnehmervertreter darauf, den Abschluss rasch
auf die 2,3 Millionen Beamten und Versorgungsempfänger zu übertragen.

Und da die öffentlichen Kassen gegenwärtig randvoll sind, dürfte
es auch ziemlich genau so kommen. Probleme könnten allenfalls auf
lange Sicht entstehen, wenn sich die Prognosen eines nachhaltigen
Abschwungs der deutschen Wirtschaft bewahrheiten sollten.

Doch auch dann sind die finanziellen Belastungen nur die eine
Seite der Medaille. Im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb um
qualifiziertes Personal müssen die Länder nämlich heute schon
aufpassen, nicht von der Privatwirtschaft oder anderen öffentlichen
Arbeitgebern abgehängt zu werden. Und dieses Problem dürfte sich
angesichts der demographischen Entwicklung verschärfen. Erst recht,
da die Politik ja auch noch versprochen hat, die personelle
Ausstattung in den Bereichen Pflege, Sicherheit und Bildung erheblich
zu verbessern.

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Westfalen-Blatt
Kerstin Heyde
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