Mehr als zwei Jahre nach zwei Güterzugunfällen
auf der Hauptstrecke Köln – Berlin ermitteln die Staatsanwaltschaften
Bielefeld und Münster gegen insgesamt neun Mitarbeiter der Deutschen
Bahn. Den Beschuldigten wird gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr
vorgeworfen. Das berichtet das Bielefelder Westfalen-Blatt
(Freitags-Ausgabe). Pfusch beim Gleisbau soll zu den beiden Unglücken
geführt haben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt bereits
seit Ende 2011 gegen sechs Bahnbeschäftigte. Die Staatsanwaltschaft
Münster habe im Februar Verfahren gegen drei Bahnmitarbeiter
eingeleitet, sagte eine Behördensprecherin der Zeitung. Die Güterzüge
waren am 5. Januar 2010 in Neubeckum (Kreis Warendorf) und am 6.
Januar 2010 in Porta Westfalica-Vennebeck (Kreis Minden-Lübbecke)
entgleist. Durch die Unfälle war es auf der Hauptstrecke mehrere Tage
zu erheblichen Behinderungen gekommen. In Neubeckum entstand
Sachschaden von zwei Millionen Euro, in Vennebeck von 900 000 Euro.
Ursache für die beiden Unfälle sollen fehlerhafte Gleisbauarbeiten
sein. Diese Fehler werden den neun Bahnbeschäftigten angelastet, die
für Planung und Ausführung der Arbeiten die Verantwortung trugen,
schreibt die Zeitung. In Neubeckum waren neun der 44 Waggons eines
Güterzuges auf freier Strecke entgleist. Unter anderem wurden neun
Weichen, zwei Signale und drei Oberleitungsmasten zerstört. Nach den
ersten Erkenntnissen der Ermittler war der Untergrund der Schienen
marode. Die Gleise waren abgesackt, hatten sich verbogen und die
Räder der Waggons die Haftung verloren. Die Gleisanlagen waren auf
dem Streckenabschnitt, auf dem der Unfall geschah, erst 2008 erneuert
worden, heißt es in dem Zeitungsbericht. Es wird vermutet, dass der
Untergrund aus Kostengründen nicht richtig verdichtet wurde. Nach
Angaben der Sprecherin der Staatsanwaltschaft Münster würden die drei
beschuldigten Bahnmitarbeiter an ihren Wohnorten zu den Vorwürfen
vernommen. Im Fall Vennebeck sollen die Bahnmitarbeiter Arbeiten
angeordnet haben, die witterungsbedingt nicht hätten durchgeführt
werden dürfen. Auch hier sollen die Schienen auf einem maroden
Untergrund gelegen haben, sagte der Bielefelder Staatsanwalt
Christoph Mackel dem Westfalen-Blatt. Zudem sollen unzulässige
Schweißarbeiten bei Temperaturen von bis zu minus 18 Grad
durchgeführt worden sein. Die Ermittlungen würden noch einige Zeit in
Anspruch nehmen. Auch bei einem Güterzugunfall, der sich am 3. August
2010 in Hilden-Karnap bei Düsseldorf ereignet hatte, besteht der
Verdacht, dass fehlerhafte Gleisanlagen die Ursache sind. In Hilden
war ein mit Kohlenstaub beladener Güterzug entgleist. Die
Trümmerschneise, die der Zug hinterließ, war mehr als einen halben
Kilometer lang. Sachschaden: eine Million Euro. Auch die
Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle (EUB) hatte festgestellt, dass
fehlerhafte Gleisanlagen Grund für die Güterzugunfälle in Neubeckum
und Vennebeck waren. Im Gegensatz zu Bundespolizei und
Staatsanwaltschaft ist die EUB der Meinung, dass sich die genaue
Ursache für die sogenannten Gleislagefehler »leider nicht mehr sicher
ermitteln lässt«. Im Fall Hilden dauerten die Ermittlungen nach der
Ursache noch an, sagte EUB-Sprecher Moritz Huckebrink der Zeitung.
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