Westfalen-Blatt: Porsche stellt fast komplett auf Turbos um

Porsche kündigt die komplette Umstellung der
Triebwerke von Saugmotoren auf Turbos an – und hält sich eine kleine
Hintertür offen. »Aufgrund der CO2-Problematik sind wir gezwungen,
auf Turbotriebwerke umzustellen. Aber wir diskutieren darüber, ob wir
nicht als Nischenangebot ab und an einen Saugmotor anbieten werden.
Auch wenn ein Turbo natürlich viel Spaß macht. Ein Sauger ist ein
Sauger – und den Spaß an dieser Technik wollen wir den Kunden
eigentlich nicht nehmen«, sagt Porsche-Vorstand Matthias Müller (61)
dem in Bielefeld erscheinenden WESTFALEN-BLATT (Freitagausgabe). Mit
Blick auf die vergangenen vier Jahre mit ständig steigenden Verkaufs-
und Umsatzzahlen gibt Müller zu: »Wachstum ist anstrengend. Wachstum
kostet Geld, erhöht die Fixkosten, bedeutet mehr Mitarbeiter. Die
Zahl der Porsche Mitarbeiter hat sich fast verdoppelt. Da müssen wir
natürlich aufpassen, dass unsere Unternehmenskultur keinen Schaden
nimmt. Unter diesen Gesichtspunkten habe ich zwar keine Angst, aber
zumindest großen Respekt vor dem Wachstum. Uns muss allen bewusst
sein, dass die Herausforderungen mit zunehmender Unternehmensgröße
nicht einfacher werden. Gleichwohl erfülle ihn das Ergebnis 2014 mit
Stolz. »Man ist zufrieden, dass wieder ein Geschäftsjahr erfolgreich
abgeschlossen werden konnte. Das ist ja schließlich kein
Selbstläufer. Da zeigen sich auch immer wieder Probleme, die es zu
lösen gilt. Es gibt beispielsweise Märkte, die schwächeln, oder wir
müssen uns mit der Qualität beschäftigen.« In diesem Zusammenhang
bezeichnete der Rückrufe als »Phänomen der gesamten Autoindustrie«.
Es vergehe kaum eine Woche, in der es keine Aktion gebe. »Ich will es
mir nicht leicht machen und die Schuld den Zulieferern geben. Doch es
gibt immer wieder mal fehlerhaft angelieferte Bauteil-Chargen. Und
man sieht es dem Bauteil zunächst nicht an, ob es schadhaft ist.
Verbaut im Fahrzeug kann es dann zu einem Problem führen. Solche
Fälle haben wir gehabt, wenn auch zum Glück nur im bescheidenen
Umfang. « Um das zu verhindern kündigte der Porsche-Chef an, »bei der
Qualitätssicherung noch früher im Vorfeld« zu agieren. »Doch auch die
Lieferanten müssen schlichtweg noch sorgfältiger werden. Die machen
das ja nicht aus bösem Willen. Da wird zum Beispiel ein
Fertigungsverfahren verändert, weil es scheinbar noch besser oder
einfacher ist. Wenn das aber schiefgeht, hat das fatale Folgen. Das
heißt für uns aber auch, dass wir unsere Spezifikationen noch
konkreter fassen müssen, um das Risiko weiter zu verringern.« Zum
Thema Produktionsstandort Deutschland und einer möglichen Verlagerung
stellt Müller klar: »Wenn sich die Notwendigkeit wirklich ergeben
sollte, dann muss man reagieren. Bevor man einen wichtigen Markt
aufgrund von Handelshürden wie der Besteuerung oder Zollregelungen
komplett aufgibt, wird man dort Autos produzieren müssen. Aber bisher
ist das nicht absehbar. Allein unter betriebswirtschaftlichen
Gesichtspunkten rentiert sich eine Fabrik erst ab 100 000 Einheiten.
Und wir haben kein Modell, dass wir in dieser Größenordnung
beispielsweise in China verkaufen. Also macht das rein rechnerisch
keinen Sinn. Dessen ungeachtet beobachten wir die Entwicklung auf den
Märkten genau um zu sehen, ob sich diese Frage irgendwann ergeben
könnte. Wenn das so ist, müssen wir uns damit beschäftigen und dann
werden wir auch eine Lösung finden.« Erweiterungen in Deutschland
seien derzeit nicht vorgesehen. »Wir haben ja nun gerade Leipzig
deutlich vergrößert, Stuttgart erneuert. In Osnabrück wird kräftig
und gut produziert. Im letzten Jahr haben wir fast 190.000 Fahrzeuge
gebaut, damit sind unsere Kapazitäten noch nicht komplett
ausgeschöpft. Eine erneute Vergrößerung der Produktionsstätten
benötigen wir zunächst nicht. Da ist auch Vorsicht geboten.
Übernehmen wollen wir uns nicht. Neue Arbeitszeitmodelle wären ein
erster Weg, um auf eine höhere Nachfrage zu reagieren. Und es wird
auch weitere Einstellungen geben. Aber nicht mehr in der Rasanz wie
bisher. Die Zahl von derzeit 22 000 Mitarbeitern dürfte bis Ende 2018
auf etwa 25 000 wachsen.«

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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