Vor der Verkündung der nächsten
Gerichtsentscheidung im Machtkampf beim Fleischkonzern Tönnies an
diesem Montag spitzt sich der Konflikt weiter zu. Robert Tönnies,
Neffe von Konzernlenker Clemens Tönnies, will den langjährigen
Geschäftsführer Josef Tillmann (61) abberufen. Der wehrt sich – und
hat rechtliche Schritte gegen den Gesellschafter eingeleitet. Das
berichtet das in Bielefeld erscheinende WESTFALEN-BLATT
(Samstagausgabe).
Robert Tönnies bezichtigt Tillmann, als Zeuge im laufenden Prozess
»vorsätzlich die Unwahrheit« gesagt zu haben. Tillmann hatte bei der
Befragung durch das Landgericht Bielefeld im November die Darstellung
von Clemens Tönnies gestützt, dass der 1994 verstorbene Firmengründer
Bernd Tönnies seinem Bruder zu Lebzeiten die paritätische Beteiligung
an der Firma zugesagt habe. Dabei hatte sich der Geschäftsführer auch
auf sein letztes Telefonat mit Bernd Tönnies wenige Tage vor dessen
Tode berufen.
»Ich habe die Wahrheit gesagt, auch wenn sie Robert nicht passt«,
sagt Tillmann. Er habe sich lediglich durch Robert Tönnies– Anwalt
Mark Binz zur Angabe eines falschen Datums verleiten lassen. Am
genannten Tag soll Bernd Tönnies laut Krankenakte im Koma gelegen
haben. Das Telefonat habe wohl eine Woche zuvor stattgefunden, sagt
Tillmann nun. »Es steht aber auch eindeutig im Gerichtsprotokoll,
dass ich mir beim Datum nicht sicher gewesen bin.«
Der 61-Jährige hat wegen des Vorwurfs der Lüge rechtliche Schritte
gegen Robert Tönnies eingeleitet. Dabei ließ er offen, ob es sich um
eine einstweilige Verfügung oder eine Verleumdungsklage handelt. »Ich
lasse es nicht auf mir sitzen, dass ich der Lüge bezichtigt werde.
Ich habe die Wahrheit gesagt«, erklärte Tillmann, seit 1991
Geschäftsführer bei Tönnies. »Ich lasse mich auch nicht unehrenhaft
aus dem Unternehmen katapultieren, nachdem ich einen Großteil meines
Lebens für diese Firma geopfert und das beste gewollt habe, immer
loyal gewesen bin.«
Robert Tönnies will mit dem laufenden Prozess die Schenkung eines
Fünf-Prozent-Firmenanteils an seinen Onkel Clemens widerrufen. Dieser
habe ihn arglistig getäuscht. Beide halten aktuell jeweils 50 Prozent
an Deutschlands größtem Fleischkonzern. In dem Prozess soll Montag
ein erster Richterspruch erfolgen.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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