Westfalen-Blatt: zum Thema Bertelsmann/Penguin:

Penguin Random House: Das ist, als wenn
Volkswagen und Toyota oder Nestlé, Kraft Foods und Dr. Oetker
fusionierten. Sofern die Kartellbehörden zustimmen, entsteht auf dem
Buchmarkt ein Global Player, der in der Lage ist, der Branche die
Richtung vorzugeben. Die Ankündigung von Rupert Murdoch, ein eigenes
Kaufangebot für Penguin vorzulegen, zeigt, dass die Konkurrenz die
Gefahr erkannt hat. Etwas aber ist anders als bei Autos oder
Lebensmitteln. Medien rühren an den Kern von Bildung, Demokratie und
Freiheit. Gedanken sind frei. Doch um sie zu verbreiten, braucht es
Medien. Und dabei spielte das Buch in der Kultur- und Ideengeschichte
der Menschheit jahrhundertelang die führende Rolle. Es ist scheinbar
genetisch von langer Wirkungsdauer. Das verpflichtet, auch wenn eine
noch so große Vergangenheit nicht davor schützt, eines Tages
überflüssig zu werden. Gerade erlebt das Buch einen Wandel, der ganz
am Ende sogar die Existenz des gedruckten Buchs gefährdet. In den USA
hat das E-Book bei Neuerscheinungen heute bereits einen Anteil von
15,5 Prozent. Nur in Deutschland schützt vorerst die
Buchpreisbindung. Dies dürfte – neben dem Medienrecht und der
Stellung des Kartellamts – einer der Gründe sein, warum Deutschland
bei der Fusion noch ausgenommen ist. Bertelsmann muss man zugute
halten: Beim Buch geht es ums Überleben. Die Musikbranche hat es
erlebt. Sie hat nicht verhindert, dass ihr Geschäftsmodell
zusammengebrochen ist. CDs lassen sich nicht mehr zu ordentlichen
Preisen verkaufen, seit die Kunden ihre Lieblingshits einfach und
viel billiger im Internet downloaden. Nun unterscheiden sich
Buchstaben in digitaler Hinsicht nicht grundsätzlich von Noten. Wenn
Leser trotzdem noch das gedruckte Werk bevorzugen, dann aus Tradition
und wegen des Komforts. Papier kann man befühlen, knicken und
beschreiben. Doch solche Argumente verlieren bei rationeller
Betrachtung ihre Wirkung. Bertelsmann weiß, was blüht, wenn der
Konzern keine funktionierende Strategie findet. Das gilt in
besonderer Weise für den Ostwestfalen in New York: Buchvorstand
Markus Dohle. Er hat gut verhandelt. Anders als beim
Musik-Joint-venture mit Sony hat Bertelsmann im neuen Konzern die
Mehrheit und das Sagen. Penguin Random House ist eine Macht, die mit
Amazon, Apple & Co. auf einer Stufe verhandeln kann. Sicher besteht
die Gefahr, dass kleinere Buchhändler, und dazu zählen schon die
Thalias und die Hugendubels dieser Welt, an die Wand gedrückt werden.
Noch prekärer ist die Lage für die Autoren. Doch chancenlos sind auch
sie nicht, zumal, da sie notfalls ihre Werke auch über das Internet
verbreiten können. Am Ende entscheiden die Kartellämter. Es ist kaum
anzunehmen, dass sie die Fusion ohne Auflagen genehmigen.

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