Westfalenpost: Der Weg ist das Ziel Von Andreas Thiemann

Von außen betrachtet möchte man bisweilen den
Eindruck haben, dass die Dinge besser stünden, wenn der Einsatz für
die Bildung so engagiert betrieben würde wie die Studien darüber.
Nein, im Ernst: Natürlich ist die Erstellung eines „Chancenspiegels“
von gravierender Bedeutung für unsere Gesellschaft. Denn die so
ermittelten Zahlen geben hinsichtlich ihrer zeitlichen wie
landesspezifischen Vergleichbarkeit durchaus signifikante
Anhaltspunkte.

Dabei ist es aus unserer Sicht ja durchaus erfreulich, dass mehr
Schüler in NRW die Hochschulreife schaffen als in den anderen
Bundesländern. Dem gegenüber steht aber gleichzeitig auch die
alarmierende Erkenntnis, dass sich das Leseverständnis innerhalb von
zehn bemühten Jahren praktisch nicht verbessert hat.

„Stagnation beim Kompetenzwettbewerb“ heißt das im besten
Fachchinesisch. Soll bedeuten, die soziale Herkunft der Kinder ist
nach wie vor vielfach ein Schlüssel zum Erfolg, beziehungsweise
Misserfolg. Ohne den breitest möglichen Ausbau von Ganztagsschulen
wird sich daran kaum etwas ändern. Die Politik, jedenfalls in
Nordrhein-Westfalen, ist sich des Defizits sehr wohl bewusst,
verweist aber zugleich auf die zeitlich zähe Prozesshaftigkeit des
bereits eingeschlagenen Weges.

Tatsächlich spielt der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle, wenn es
um messbare Verbesserungen im Bildungsangebot geht. Ungeduld hilft
hier nicht weiter, wohl aber unbedingte und unbeirrbare
Nachhaltigkeit im Systemaufbau. Überhaupt wird ja völlige
Chancengleichheit niemals ein erreichbares Ziel werden, sondern sich
stets als der bestmögliche Weg dorthin definieren und bescheiden
müssen.

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