Seit Jahren ist von der neuen deutschen
Verantwortung die Rede. Aber außenpolitisch hat die Bundesregierung
weniger agiert – mehr reagiert. Und auf militärische Auslandseinsätze
hatte das Verfassungsgericht faktisch einen größeren Einfluss. Es ist
nicht falsch, wenn die Regierung versucht, nationale Interessen und
Strategie zu aktualisieren. Illusionär ist allenfalls die
Vorstellung, sie für einen längeren Zeitraum zu bestimmen. Denn dafür
ist die Außenpolitik zu dynamisch. Die nächste Krise kommt bestimmt;
und meistens ganz anders oder woanders, als man vermutet hat. Nur ein
abstraktes Weißbuch ist auch nachhaltig; je konkreter, desto kürzer
die Haltbarkeit.
Wohin das Weißbuch führen wird, ist offensichtlich: zu einer
stärkeren Aufrüstung und mehr Geld für die Militärs. Man höre das
Knirschen im tektonischen Gebälk der Welt, hat gestern der
Wissenschaftler Volker Perthes gesagt. Es ist unüberhörbar in Europa,
weil Russland in der Ukraine-Krise nicht davor zurückschreckt, seine
Interessen mit Militärgewalt durchzusetzen. Die Nato wird sich darauf
einstellen, allen voran: die Bundeswehr. Das bringt die Mittellage in
Europa und die Wirtschaftskraft mit sich. Das ist eine unglückliche
Entwicklung und den Bürgern kaum bewusst. Wenn
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen von einem Weißbuch „ohne
Tabus“ redet, sollte man hellhörig werden.
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