Westfalenpost: Die AfD und der Hochmut der Parteien Von Stefan Hans Kläsener

Bei der Bundestagswahl hatte es um Haaresbreite
nicht geklappt, aber dann begann der Siegeszug der AfD bei Europa-,
Sachsen-, Brandenburg-und Thüringenwahl mit teils zweistelligen
Ergebnissen. Daraufhin spricht die SPD-Generalsekretärin, die in
einigen der Länder ebenfalls niedrige zweistellige Ergebnisse
verantworten muss, von der AfD als „brauner Soße“. Das ist
bemerkenswert, weil die Wählerströme, die der AfD zuflossen, auch
maßgeblich aus ihrem Parteienlager kamen. Beschimpft hier jemand
abtrünnige Wähler?

Die Wahrheit ist andersherum: Wähler entscheiden sich für eine
politische Gruppierung, weil sie sich von deren Themen am besten
angesprochen fühlen. Ob das Personal im Einzelfall appetitlich oder
weniger appetitlich ist, ist eine ganz andere Frage. Es soll ja auch
traditionelle Parteien geben, in denen Bundestagsabgeordnete durch
Handlungen auffallen, die man gar nicht genau kennenlernen will und
lieber dem Staatsanwalt überlässt. Woher also der Hochmut?

Er stammt aus einem Denken, das leider so alt ist wie die
Bundesrepublik. Immer wieder haben Parteien gedacht, diese Republik
unter sich aufteilen zu können. Plötzlich gab es die Grünen,
plötzlich die Republikaner, und zuletzt raffte es umgekehrt die FDP
dahin. Nichts ist sicher im politischen Kosmos. Es gibt mehr
Parteien, die aus dem Bundestag dauerhaft ausgeschieden sind, als
dauerhaft in ihm verblieben.

Also ist Demut angebracht, Demut vor dem Souverän. Und der ist nun
einmal das Volk, das manchmal ungerecht sein mag oder wahlfaul oder
schlecht informiert oder von Populisten verführt. In leichter
Abwandlung zu Konrad Adenauer mag man mit Blick auf die AfD sagen:
Man muss die Wähler nehmen, wie sie sind. Es gibt keine anderen.

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