Wenn morgen das Bundesverfassungsgericht sein 
Urteil zum Euro-Nottopf ESM verkündet, wird es unabhängig vom Ja oder
Nein der Verfassungshüter ein historischer Tag für Deutschland, vor 
allem aber für Europa sein. Warum das so ist, liegt in der Abkürzung 
ESM selbst versteckt: Europäischer Stabilitäts-Mechanismus. Es 
handelt sich also um ein Konstrukt zur Stärkung des Euro, das mehr 
oder minder automatisch, jedenfalls ohne nennenswerte akute 
Eingriffsmöglichkeiten von Regierungen oder Parlamenten, 
Finanztransaktionen zur Stützung notleidender Staaten 
auslöst.
Ein Mechanismus aber, das erkennt man auf den 
ersten Blick, verträgt sich nicht mit der Hoheit des Parlaments – und
eigentlich auch nicht mit dem Selbstbewusstsein souveräner 
Regierungen. Und so taucht in dem Kürzel ESM wie in einem Brennglas 
der Geburtsfehler dieser Währungsunion auf, der eben keine politische
und soziale Union Geleitschutz gegeben hat, weil das damals nicht 
durchsetzbar war. Viele Jahre haben wir die Rendite dieses tollkühnen
Abenteuers genießen dürfen, jetzt droht der Zahltag.
Das 
Bundesverfassungsgericht steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, 
einen Spruch zu fällen, der die Europa-Idee nicht auf Jahre 
beschädigt und zugleich dem Rechnung trägt, dass die Grenzen unserer 
Verfassung mit den Euro-Rettungstaten überdehnt wurden. Es wird, so 
oder so, also ein politisches Urteil sein. Wenn den Karlsruher 
Richtern dieser Spagat gelingt, kann das nur heißen: Die politische 
und soziale Union in Europa muss schnellstmöglich kommen, und zwar 
nicht, weil wir die Interessen Deutschlands damit aufgeben wollen, 
sondern weil wir sie nur so retten können. Einen „Mechanismus“ können
Demokraten nicht wollen.
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