Westfalenpost: Eine harmlose Geschichte Von Dirk Hautkapp

Wo die Grenzen zwischen Politik, Terrorangst,
Internet-Gaunereien, Kunstfreiheit und Marketing bewusst verwischt
werden, hält man sich am besten ans Wesentliche. Die zutiefst
amerikanische Nordkorea-Posse „The Interview“ hat die von
US-Präsident Barack Obama persönlich befeuerte Aufregung – Zeigen
oder Nichtzeigen, Meinungsfreiheit oder Duckmäusern – erwartungsgemäß
nicht verdient. 

Das erstaunlichste Kino-Skandälchen des ablaufenden Jahres ist
kein zweiter Mel Brooks, der einst Adolf Hitler stepptanzen ließ –
mit einer Hakenkreuzbinden tragenden Brieftaubenwehrmacht im
Schlepptau. Sondern es ist eine harmlose, hinreichend amüsante,
knallchargige Geschichte, deren hinternlastiger Wortwitz – so viel
Enddarm war selten – spätestens bei der deutschen Synchronisation im
Februar Durchfall bekommen wird. 

Warum der Streifen das echte Nordkorea und seinen wirklich
gefährlichen Herrscher Kim Jong-Un angeblich schwer in Wallung
gebracht haben soll, erschließt sich nicht wirklich. Es sei denn, man
würde im Abspann, wenn der schwülstige „Wind Of Change“ der
„Scorpions“ weht, ein Signal zum Umsturz erkennen. 

Dass Amerika über Weihnachten den Kauf einer Kinokarte oder das
Herunterladen des Produktes aus dem Internet zum patriotischen Akt
gegen die nach wie vor ungeklärte Einmischung von außen verklärte,
ist ebenso putzig wie hysterisch. 

Wirklich interessant würde es erst, wenn Seth Rogen und James
Franco „Interview II“ drehen. Mit Wladimir Putin in der Hauptrolle.

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